Seite:De Merian Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae 492.png

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Es hat Liffland / oder Livonia, vor Jahren zum Römischen Reich Teutscher Nation gehört / welches auch deß Zuspruchs daran / sich noch nicht gar begeben haben wird; wiewol solches nachmals zum Theil von den Königen in Schweden / und Polen; zum Theil auch von dem Großfürsten in der Moscau / durch Waffen erobert worden; und der Zeit / Vermög deß im Jahr 1635. auff 26. Jahr lang / mit Polen gemachten Anstands / meistentheils von Schweden regiert wird. Es setzet aber Alexander Guagninus diese Landes-Gräntzen / als / von Morgen / Reussen oder Moscau; von Mitternacht eine Krümme des Balthischen Meers / dardurch es vom Königreich Schweden / und Finnland / unterschieden wird: vom Abend / das gedachte Mare Balthicum, oder die Oost See / so auch das Teutsche / und Preussische Meer genandt wird: und / vom Mittage / Samogitien / und Lithauen / von dannen es sich etwas gegen dem Abend ziehet / und an Preussen stosset. Die Länge setzet er von 90. und die Breite von 50. Teutscher Meilen / sampt gedachtem Meersbusen. Andere haben 125. Teutscher Meilen an dem Balthischen Meer her / und 40. in der Breite. Wie dann auch Nicolaus Helduaderus cap. 4. sylv. Chronol. schreibet / Liffland erstreckt sich biß an die Oost-See / oder den Sinum Venedicum, und habe in die Länge 125. Teutsche Meilen. Der Neue Atlas Janssonii folget dem gedachten Guagnino, und saget auch / daß Liffland sich 90. Teutsche Meilen in die Länge / und 50. in die Breite erstrecke / wann man den Meerbuesen des Maris Balthici darzu rechne. Adamus Olearius, Fürstl. Schleßwig-Holsteinischer Hoff-Mathematicus, schreibet in seiner Anno 1647 zu Schleßwig in fol. gedruckten Neuen Orientalischen Reise / durch Rußland / Tartarien / und Persien / am 87. Blat / Liffland werde vom Duna-Strom an biß an den Sinum Finnicum, abgetheilet in Lethiam, und Esthoniam. Dieses / oder das Esthland / aber begreiffe in sich fürnemlich fünff Cräise / als Harrien / Wirlang / Allentaken / Jerven / und Wick / so alle sehr fruchtbare / und Kornreiche Tractus seyen / und gute Viehzucht / auch viel klein und Federwild / haben. Und sagt er p. 92. seqq. unter anderm / ferners also: So wohl nun der wahre Gottesdienst / in den Liffländischen Städten / und Kirchen / bestellet / so sehr hänget den Lettischen / und Esthonischen / oder Unteutschen / auff dem Lande wohnenden Völckern / und Bauren / die Heydnische Abgötterey / und Zauberey / noch an. Und meldet am 93. Blat / da er auch der Unteutschen Bauren Eyd setzet / daß ein Priester / auff einem Dorffe bey Riga / berichtet habe / daß ein Lettisch Weib / zu der Leiche ihres Mannes / als er hätte sollen begraben werden / Nadel und Zwirn / in Sarck geleget: Als man die Ursach dessen von ihr zu wissen begehrt / hat sie geantwortet; Sie thäte es darum / daß ihr Mann / in jenem Leben / seine Kleider / wenn die etwa zerrissen / wieder flicken könte / darmit er nicht / vor andern Leuthen / mit Schimpff gehen möchte. Und am 95. Blat berichtet er / daß man von den Liffländischen Bauren diese Reimen erdichtet habe:

Ich bin ein Liffländischer Baur /
Mein Leben wird mir saur /
Ich steige auff den Birckenbaum /
Davon hau ich Sattel / und Zaum /
Ich binde meine Schuh mit Baste /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae. Eigenverlag, Frankfurt am Mayn 1652, 2. Ausgabe um 1680, Seite (3). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Electoratus_Brandenburgici_et_Ducatus_Pomeraniae_492.png&oldid=- (Version vom 26.4.2023)