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Mit diesem moralischen Namen war also die Kunstgestalt der Nemesis als eine schöne Göttin gegeben: denn die, die als eine Sterbliche dem Jupiter selbst Liebe eingeflößt hatte und durch ihn die Mutter der schönen und tapfern Dioskuren, ja des schönsten Weibes auf Erden worden war, konnte auch unter den Unsterblichen nicht anders als schön gebildet werden. So erscheint Leda-Nemesis in ihren Abbildungen: b)[1] Sie, deren Unschuld auf Erden man auf mancherlei Weise zu rechtfertigen suchte. Das Bild der ernstesten Göttin mischte sich also auch schon nach dieser Tradition mit aller Liebreizenden Schönheit.

Noch aber fand sich ein beneidenswerther Umstand, der dem umbildenden Künstler nicht nur diese Idee gab, sondern sie auch über seinen Nebenbuhler triumphirend machte; es war die Materie, aus der diese Bildsäule genommen war. Die Perser nämlich, führt Pausanias bei dieser


  1. b) Pittur. d’ Ercolan. T. III. tab. 9. etc.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_227.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)