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Mit der neuen Ausgabe seiner Fabeln a)[1] fing er an. Aus wenigen Proben, die er gegeben hatte, wurden drey Bücher, meistens eigner oder fortgesetzter Aesopischer Erfindung. Die gereimten oder ihre Reime sind weggefallen; und statt dieser, der Fabel unnöthigen oder hinderlichen Fesseln, (wenigstens wie Leßing es glaubte) stehn sie hier in eine Sprache gekleidet, die in einer jedem Gegenstande angemessenen Prose die schönste Poesie ist. Der blanke männliche Harnisch kleidet Leßing mehr, als das Gängelband der Reime; seine Fabeln sind nicht blos für Kinder sondern auch Männern, und Männern insonderheit, lesbar. Noch mehr sinds die Abhandlungen über das Wesen, den Nutzen, die Einkleidung, das Wunderbare der Fabel, die er seinen Proben beyfügte. Unstreitig ist dies die bündigste, gewiß philosophische Theorie, die seit Aristoteles Zeiten über eine Dichtungsart gemacht ist, und es wäre zu wünschen, daß Leßing sie,


  1. a) Leßings Fabeln. Berlin 1759.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 385. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_385.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)