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Wilhelm Jones, darauf nähere Rücksicht genommen hätte. Er würde uns in seiner Gallerie orientalischer Bilder 10) [1] jedesmal im Zusammenhange gezeigt haben, wie nur der Verstand das Bild prägt, Leidenschaft oder Empfindung dasselbe überträgt, ausmalet oder schnell verläßt und sich zu einem andern wendet. Dies geschieht am Ohio wie am Euphrat, am gelben Strom wie an der Themse; nur allerdings nicht allenthalben mit gleichem Geschmack, in gleichem Maas, auf gleiche Weise.

Die Sprache des Morgenländers, selbst ihrem Bau und Genius nach, will Kürze; dies hilft den Sentenzen, den Machtsprüchen des Verstandes und der Leidenschaft, sehr auf; es macht sie zu Blitzen, zu Pfeilen. Eben daher aber muß es auch geschehen, daß Pfeil dem Pfeile, Blitz dem Blitze oft zu schnell nachfliegt; da sich



  1. Von der Rose und Nachtigall, Nacht und Locke, Morgenröthe und Wangen, Rubin und Lippen u. s. f. Cap. V - VIII. Comment. de poesi Asiat.


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_146.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)