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wirklich Ewiges war, ihren Beistand nicht versagen können: die Helden Pindars und Homers, die Mächtigen und Weisen Griechenlandes und Roms leben Eines Theils noch in Bildsäulen, Brustbildern, Aufschriften und Gedichten; Kunst und Geschichte halten vereinigt den unverwelklichen Kranz des Andenkens über ihren Häuptern. Horaz hat sein Capitolium überlebet; der Venusinische Schwan durchfliegt alle gebildete Völker.

Wie aber, wenn dies der einzige Weg zur Unsterblichkeit, oder die einzige Art einer ewigen Fortdauer wäre, wie wäre es mit uns bestellt? mit uns, die sodann ein paar Jahrtausende zu spät gekommen wären, um mit der Jugend der Welt ihre frischen Morgenkränze zu theilen. Hinter zehn Helden und Dichtern zu seyn, ist schon ein geringerer Platz: die Namen der Menschen, wenn sie hergezählt werden müssen, werden so bald verwechselt, so blöde unterschieden; die Personen, die solche bedeuten, stehen so oft verunstaltet und verkannt da, daß in dem großen Labyrinth

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_171.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)