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sie vorher schon in allen dreien Gestalten. Der Verehrer des Brama, des Wistnu, des Siwa fand den höchsten Gott vorzüglich in seinem Verehrten, wie es noch jetzt, nachdem Brama in den Schatten gedrängt ist, die Sekten des Wistnu und Siwa beweisen. Jede legt ihrem Gott die höchsten Prädikate bei und raubet sie den andern, sogar daß sie die Geschichten derselben umkleidet. Aus so überschwenglichen Ideen konnte die Kunst keinen andern Charakter gewinnen, als den ich zur Unterscheidung den vielbedeutenden πολυσημαινων nennen möchte. Er wollte Alles sagen, er wollte bei den großen Göttern das Weltall im Bilde zeigen. Da entstanden jene vielarmigen, vielköpfigen Ungeheuer, in einem ganz eigenen Geist der Zusammensetzung; die Bramanen-Weisheit hatte Speculation und Fabel auf eine so seltne, eigenthümliche Weise verbunden, daß die bildende Kunst nothwendig darunter erliegen mußte.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_282.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)