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keine Zerrüttung ist in ihm, sondern ein leise geschwungener Faden der Erhaltung. Revolutionen dieser Art sind der Tanz der Horen um Jupiters Thron, der Siegeskranz des Gottes, nachdem er das Chaos bezwungen, auf seinem unsterblichen Haupte.

Auch, wenn wir vom Himmel diesen Begrif der Revolutionen auf die Erde ziehen wollen, kann er nicht anders als der Begrif eines stillen Fortganges der Dinge, einer Wiederkehr gewisser Erscheinungen nach ihrer eigenen Natur, mithin des Entwurfs einer fortwirkenden Weisheit, Ordnung und Güte seyn. So spricht man von Revolutionen der Künste und Wissenschaften, d. i. von einem periodischen Wiederkommen derselben, dessen Ursachen man in der Geschichte zu erforschen sucht, und sie gleichsam astronomisch berechnet. So sprachen die Pythagoräer von Revolutionen der menschlichen Seele, d. i. von einer periodischen Rückkehr derselben in andre Gestalten.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_383.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)