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Tit. III.

§ 1. Und dieweil auch das Kays. Cammer-Gericht das öberst und letzt Gericht im Reich, davon laut dieser Ordnung nicht appellirt werden soll, und Unser Gemüth und Meynung ist, daß solch Gericht jederzeit mit tüglichen Personen besetzt werden soll, so ordnen, setzen und wollen Wir, daß der Kays. Majest. Cammer-Richter ein tapffer Person auß dem Reich Teutscher Nation gebohren, derselben Herkommen, löblicher Gebrauch und guter Gewonheit nicht allein wohlkündig und erfahren, sondern auch verständig, die rechtliche Proceß zu dirigiren und die Partheyen zu Außtrag und Erörterung treulich zu fördern, und sonst also geschickt sein soll, auff den alle deß Cammer-Gerichts Personen ein Furcht und Auffsehens haben, der sich auch dermaßen in Verwaltung seines Ampts halte, daß deß Cammer-Gerichts Personen ihme gebührlichen Gehorsam zu leisten desto mehr bewegt werden mögen.

§ 2. Deßgleichen sollen die Beysitzer alle eines ehrbarn Wesens und Wandels, auch rechter, natürlicher, ehrlicher Geburth, und insonderheit aber die zween Graffen oder Freyherren also geschickt seyn, deren einer deß Cammer-Richters Statt in seinem Abwesen, oder so er auß Ehhafft verhindert, jederzeit verwesen und vertretten möge. So sollen die Beysitzer, so der Rechten gelehrt und gewürdiget, ihrem Namen gemäß ihre Statt vertretten, tapffer, gelehrt, erfahren, auch tüglich, verständig qualificirte Personen auß Teutscher Nation gebohren und derselben Nation Gebräuch und guten Gewonheiten erfahren und die fürgebrachten rechtlichen Sachen zu referiren geschickt seyn, auch zuvor und ehe sie zu Beysitzer genommen, in Universitäten, welche zum wenigsten von Unsern Vorfahren Röm. Kaysern und Königen, die jetzige Kays. Majest. oder Uns confirmirt, gelesen, oder zum wenigsten fünff Jahr lang in Rechten studiert, auch in gerichtlichen Händeln advocirt und practicirt haben. Aber die andern, so auß der Ritterschaft angenommen, obgleich dieselben der Rechten nicht gewürdiget, sollen sie doch gleicher Gestalt auch der Rechten gelehrt und gerichtlicher Sachen geübt und erfahren und, die gerichtlichen Sachen zu referiren, den andern gleich tüglich und geschickt seyn. So fern aber dieselbe obberührter Massen geschickt nicht bekommen werden möchten, sollen an derselben Statt andere der Recht gelehrte und gewürdigte, auch erfahrne und der Practic geübte Personen, ob sie gleich nicht von der Ritterschafft wären, wie oblaut, genommen werden mögen.

§ 3. Und insonderheit ordnen und wollen Wir, daß Cammer-Richter und Beysitzer sämptlich und sonderlich, so hinführo durch die Kays. Majest. oder ihrer Liebd. und Kays. Majest. Abwesens wie oblaut Uns die Chur-Fürsten und Creyß jederzeit präsentirt und geordnet werden, dergleichen alle andere Personen deß Cammer-Gerichts, von beyden, der alten Religion und dann der Augspurgischen Confession, präsentirt und geordnet werden mögen und derwegen nicht auszuschließen seyn. —

Tit. IV.

§ 1. So sich auch begäbe, daß der Cammer-Richter mit Tode abgehen oder sonst von seinem Ampt abstehen würde, so soll der Kayserl. Majest. oder im Fall, daß Ihr Liebd. und Kays. Majest. nicht in dem Reich oder der Nähe wären, Uns als Röm. König solches durch die Beysitzer zu fürderlichsten angezeigt und zu wissen gethan werden. Darauf Ihr. Lieb. und Kayserl. Majest. oder an dero Statt Wir als Röm. König einen andern Cammer-Richter an deß abgegangenen Statt setzen und ordnen sollen. Und damit mitlerzeit das Cammer-Gericht nicht in einen Stillstand erwachse und nicht feyren dörffe: so fern dann der abgangene Cammer-Richter bey seinem Leben mit Rath und Willen der Beysitzer keinen an seine Statt verordnet, sollen die Beysitzer der Graffen oder Herren einen, so unter ihnen seyn, an statt deß Cammer-Richters kiesen, welcher dann das Ampt biß auf weiter der Kays. Maj. oder Unsere Verordnung verwesen soll. Und im Fall daß derselben Graffen oder Herrn einer, die an dem Cammer-Gericht sitzen, durch die Kays. Majest. oder Uns als Röm. König zu einem beständigen Cammer-Richter verordnet würde, alsdann soll alsbald desselbigen Beysitzers Statt mit einem andern Grossen oder Herren durch Ihr. Liebd. und Kais. Majest. oder Der Abwesens Uns als Röm. König ersetzt werden.

§ 2. Wo aber der gemelten Beysitzer einer von seinem Beysitzer-Stand abstehen wollte, soll er solch sein Abstehen dem Cammer-Richter und Beysitzern sechs Monat zuvor verkündigen und anzeigen. —

§ 3. Wo auch also der Beysitzer einer, wie jetzt gemeldt, abstehen oder mit Tod abgehen würde, alsdann soll der Cammer-Richter ungesäumet solches dem Stand oder Creyß, von dem der abgestanden oder abgangen Assessor gegeben oder benennt gewesen, zuschreiben und verkünden und denselben Stand oder Creyß ersuchen, vermög dieser Ordnung in sechs Monate andere an deß Abgestandenen oder Abgangenen Statt zu präsentiren, mit dem Anhang, wo solches nicht beschehe, daß er, der Cammer-Richter und die Beysitzer, nach Außgang der Zeit eine geschickte Person nach Inhalt dieser Ordnung annehmen wollen. Auf solch Ersuchen soll alsdann derselbig Stand oder Creyß an deß abgestanden oder abgangen Beysitzers Statt innerhalb sechs Monat nach beschehener Verkündigung zwo oder drey andere redliche, geschickte, erfahrne und obgemelter Massen qualificirte Personen präsentiren. In welcher Präsentation Wir auch gäntzlich vermitten haben wollen, daß dieselbigen Personen nicht aus Gunst, Practic oder sonst promovirt, sondern allein die Tüglichkeit oder Geschicklichkeit der Person angesehen werde.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_372.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)