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Art. XII. Diejenigen Bundesglieder, deren Besitzungen nicht eine Volkszahl von 300,000 Seelen erreichen, werden sich mit den ihnen verwandten Häusern oder andern Bundes-Gliedern mit welchen sie wenigstens eine solche Volkszahl ausmachen zu Bildung eines gemeinschaftlichen Obersten-Gerichts vereinigen.

In den Staaten von solcher Volksmenge, wo schon jetzt dergleichen Gerichte dritter Instanz vorhanden sind, werden jedoch diese in ihrer bisherigen Eigenschaft erhalten, wofern nur die Volkszahl, über welche sie sich erstrecken, nicht unter 150,000 Seelen ist.

Den vier freyen Städten steht das Recht zu sich unter einander über die Errichtung eines gemeinsamen obersten Gerichts zu vereinigen.

Bei den solcher gestalt errichteten gemeinschaftlichen obersten Gerichten soll jeder der Partheyen gestattet seyn, auf die Verschickung der Akten auf eine deutsche Fakultät oder an einen Schöppenstuhl zu Abfassung des Endurtheils anzutragen.

Art. XIII. In allen Bundesstaaten wird eine Landständische Verfassung statt finden.

Art. XIV. Um den im Jahr 1806 und seitdem mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen und Reichs-Angehörigen in Gemäßheit der gegenwärtigen Verhältnisse in allen Bundesstaaten einen gleichförmig bleibenden Rechts-Zustand zu verschaffen, so vereinigen die Bundesstaaten sich dahin:

a) Daß diese Fürstlichen und gräflichen Häuser fortan nichts destoweniger zu dem hohen Adel in Deutschland gerechnet werden, und ihnen das Recht der Ebenbürtigkeit, in dem bisher damit verbundenen Begriff verbleibt;
b) sind die Häupter dieser Häuser die ersten Standesherrn in dem Staate zu dem sie gehören; — Sie und ihre Familien bilden die privilegirteste Klasse in demselben, insbesondere in Ansehung der Besteurung;
c) es sollen ihnen überhaupt in Rücksicht ihrer Personen, Familien und Besitzungen alle diejenigen Rechte und Vorzüge zugesichert werden oder bleiben, welche aus ihrem Eigenthum und dessen ungestörten Genusse herrühren, und nicht zu der Staatsgewalt und den höheren Regierungsrechten gehören. Unter vorerwähnten Rechten sind insbesondere und namentlich begriffen:
1) die unbeschränkte Freyheit ihren Aufenthalt in jedem zu dem Bunde gehörenden, oder mit demselben im Frieden lebenden Staat zu nehmen;
2) werden nach den Grundsätzen der früheren deutschen Verfassung die noch bestehenden Familien Verträge aufrecht erhalten, und ihnen die Befugniß zugesichert über ihre Güter und Familien-Verhältnisse verbindliche Verfügungen zu treffen, welche jedoch dem Souverain vorgelegt und bey den höchsten Landesstellen zur allgemeinen Kenntniß und Nachachtung gebracht werden müssen. Alle bisher dagegen erlassenen Verordnungen sollen für künftige Fälle nicht weiter anwendbar seyn;
3) privilegirter Gerichtsstand und Befreyung von aller Militairpflichtigkeit für sich und ihre Familien;
4) die Ausübung der bürgerlichen und peinlichen Gerechtigkeitspflege in erster, und wo die Besitzung groß genug ist, in zweyter Instanz, der Forstgerichtbarkeit, Orts-Polizei und Aufsicht in Kirchen und Schulsachen, auch über milde Stiftungen, jedoch nach Vorschrift der Landesgesetze, welchen sie so, wie der Militärverfassung und der Oberaufsicht der Regierungen über jene Zuständigkeiten unterworfen bleiben.

Bey der näheren Bestimmung der angeführten Befugnisse sowohl, wie überhaupt und in allen übrigen Punkten wird zur weitern Begründung und Feststellung eines in allen deutschen Bundes-Staaten übereinstimmenden Rechtszustandes der mittelbar gewordenen Fürsten, Grafen und Herren die in dem Betreff erlassene Königliche Bayrische Verordnung vom Jahr 1807 als Basis und Norm unterlegt werden.

Dem ehemaligen Reichsadel werden die Sub N. 1 und 2 angeführten Rechte, Antheil der Begüterten an Landstandschaft, Patrimonial und Forst-Gerichtsbarkeit, Orts-Polizey, Kirchen Patronat und der privilegirte Gerichtsstand zugesichert. Diese Rechte werden jedoch nur nach der Vorschrift der Landesgesetze ausgeübt.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 543. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_543.jpg&oldid=- (Version vom 3.6.2018)