Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 085.jpg

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erwerben, den des Räubers auf sich laden zu müssen, der einen Schimpf mit Haß gebiert.


Siebzehntes Kapitel.
Von der Grausamkeit und Milde, und ob es besser ist, geliebt, oder gefürchtet zu werden.

Ich gehe hiernächst zu den andern oben erwähnten Eigenschaften über, und sage: Ein jeder Fürst muß wünschen, für gütig, und nicht für grausam zu gelten. Nichtsdestoweniger muß er bedacht seyn, diese Güte nicht übel anzuwenden. Cäsar Borgia galt für grausam; nichtsdestoweniger hatte diese seine Grausamkeit Romanien wiederhergestellt, es vereinigt, Treue und Friede darin befestigt. Erwägt man dieß wohl, so wird man sehen, daß er bei weitem gütiger als das Florentinische Volk gewesen ist, welches, um nicht als grausam verrufen zu werden, Pistoja zerstören ließ. Es darf daher ein Fürst um den Namen des Grausamen sich nicht kümmern, wenn er seine Unterthanen einig und treu erhalten will; denn, mit Statuierung sehr weniger Exempel, wird er gütiger seyn, als Jene, die aus zu großer Güte die Unordnungen einreißen lassen, aus denen Mord und Raub entspringt: denn diese pflegen eine ganze Gemeinheit zu kränken: jene Executionen aber, die vom Fürsten ausgehen, kränken nur einen Einzelnen. Und vor allen Fürsten ist es dem neuen Fürsten unmöglich, den Namen des Grausamen zu umgehen, weil die neuen Staaten voller Gefahr sind. Weßhalb Virgil durch den Mund der Dido die Unmenschlichkeit ihrer Regierung entschuldigt, weil diese neu sey, indem sie sagt:

Res dura, et regni novitas me talia cogunt
Moliri, et late fines custode tueri.


Empfohlene Zitierweise:
Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_085.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)