Seite:Der Todtentanz St. Michael 007.jpg

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nichts von all den Qualen der Hölle sehen, nichts von Flammen und Höllenrachen, wie diese durchgängig im 15. Jahrhundert zu finden sind, Mit Ausnahme eines einzigen Kopfes finden wir auf den Gesichtern der Verurtheilten nicht einmal den Ausdruck der Niedergeschlagenheit. Fast möchte es scheinen, als ob hier der Künstler den antiken Gedanken von der versöhnenden Macht des Todes zur Anschauung bringen wollte. Jedenfalls ist die Conception nicht die gewöhnliche und nicht die orthodoxe.

An die Antike anlehnend ist auch die Auffassung des Todes als Pfeilschütze, währen das Gerippe mit Sense und Stundenglas der deutschen Todes-Idee entspricht.

Was nun den künstlerischen Werth des Freiburger Todtentanzes anbelangt, so kann man wohl sagen, daß trotz der Uebermalung und trotz des verdorbenen Colorits sowohl die Auffassung als die charakteristische Zeichnung auf einen tüchtigen Künstler schließen lassen und daß wir einen solchen von der Begabung, wie sie die Bilder voraussetzen, aus jener Zeit in Freiburg nicht kennen, außer Wenzinger.

Die Originalaufnahme ging aus dem Atelier des Decorationsmalers Herrn Wilh. Weber hervor, wozu die Kosten von der Stadt bereitwilligst übernommen wurden. Die ornamentale Ausschmückung des Textes verdanken wir Herrn H. Merkel.

A. Poinsignon



 

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Poinsignon: Der Todtentanz. Herder'sche Verlagsbuchhandlung, Freiburg 1891, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todtentanz_St._Michael_007.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)