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religion puisse être un honnête homme (l. m. p. 224). Dennoch ist Nordamerika vorzugsweise das Land der Religiosität, wie Beaumont, Tocqueville und der Engländer Hamilton aus einem Munde versichern. Die nordamerikanischen Staaten gelten uns indess nur als Beispiel. Die Frage ist: Wie verhält sich die vollendete politische Emancipation zur Religion? Finden wir selbst im Lande der vollendeten politischen Emancipation nicht nur die Existenz, sondern die lebensfrische, die lebenskräftige Existenz der Religion, so ist der Beweis geführt, dass das Dasein der Religion der Vollendung des Staats nicht widerspricht. Da aber das Dasein der Religion das Dasein eines Mangels ist, so kann die Quelle dieses Mangels nur noch im Wesen des Staats selbst gesucht werden. Die Religion gilt uns nicht mehr als der Grund, sondern nur noch als das Phänomen der weltlichen Beschränktheit. Wir erklären daher die religiöse Befangenheit der freien Staatsbürger aus ihrer weltlichen Befangenheit. Wir behaupten nicht, dass sie ihre religiöse Beschränktheit aufheben müssen, um ihre weltlichen Schranken aufzuheben. Wir behaupten, dass sie ihre religiöse Beschränktheit aufheben, sobald sie ihre weltliche Schranke aufheben. Wir verwandeln nicht die weltlichen Fragen in theologische. Wir verwandeln die theologischen Fragen in weltliche. Nachdem die Geschichte lange genug in Aberglauben aufgelöst worden ist, lösen wir den Aberglauben in Geschichte auf. Die Frage von dem Verhältnisse der politischen Emancipation zur Religion wird für uns die Frage von dem Verhältniss der politischen Emancipation zur menschlichen Emancipation. Wir kritisiren die religiöse Schwäche des politischen Staats, indem wir den politischen Staat, abgesehen von den religiösen Schwächen, in seiner weltlichen Konstruktion kritisiren. Den Widerspruch des Staats mit einer bestimmten Religion, etwa dem Judenthum, vermenschlichen wir in den Widerspruch des Staats mit bestimmten weltlichen Elementen, den Widerspruch des Staats mit der Religion überhaupt, in den Widerspruch des Staats mit seinen Voraussetzungen überhaupt.

Die politische Emancipation des Juden, des Christen, überhaupt des religiösen Menschen, ist die Emancipation des Staats vom Judenthum, vom Christenthum, überhaupt von der Religion. In seiner Form, in der seinem Wesen eigenthümlichen Weise, als Staat emancipirt sich der Staat von der Religion, indem er sich

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Karl Marx: Zur Judenfrage. In: Deutsch-Französische Jahrbücher, Paris: Bureau der Jahrbücher, 1844, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_188.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)