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aufbürdet, so ist der Staat der Mittler, in den er seine ganze Ungöttlichkeit, seine ganze menschliche Unbefangenheit verlegt.

Die politische Erhebung des Menschen über die Religion theilt alle Mängel und alle Vorzüge der politischen Erhebung überhaupt. Der Staat als Staat annullirt z. B. das Privateigenthum, der Mensch erklärt auf politische Weise das Privateigenthum für aufgehoben, sobald er den Census für aktive und passive Wählbarkeit aufhebt, wie dies in vielen nordamerikanischen Staaten geschehen ist. Hamilton interpretirt dies Faktum von politischem Standpunkte ganz richtig dahin: «Der grosse Haufen hat den Sieg über die Eigenthümer und den Geldreichthum davongetragen.» Ist das Privateigenthum nicht ideell aufgehoben, wenn der Nichtbesitzende zum Gesetzgeber des Besitzenden geworden ist? Der Census ist die letzte politische Form, das Privateigenthum anzuerkennen.

Dennoch ist mit der politischen Annullation des Privateigenthums das Privateigenthum nicht nur nicht aufgehoben, sondern sogar vorausgesetzt. Der Staat hebt den Unterschied der Geburt, des Standes, der Bildung, der Beschäftigung in seiner Weise auf, wenn er Geburt, Stand, Bildung, Beschäftigung für unpolitische Unterschiede erklärt, wenn er ohne Rücksicht auf diese Unterschiede jedes Glied des Volkes zum gleichmässigen Theilnehmer der Volkssouverainetät ausruft, wenn er alle Elemente des wirklichen Volkslebens von dem Staatsgesichtspunkt aus behandelt. Nichts desto weniger lässt der Staat das Privateigenthum, die Bildung, die Beschäftigung auf ihre Weise, d. h. als Privateigenthum, als Bildung, als Beschäftigung wirken und ihr besondres Wesen geltend machen. Weit entfernt, diese faktischen Unterschiede aufzuheben, existirt er vielmehr nur unter ihrer Voraussetzung, empfindet er sich als politischer Staat und macht er seine Allgemeinheit geltend nur im Gegensatz zu diesen seinen Elementen. Hegel bestimmt das Verhältniss des politischen Staats zur Religion daher ganz richtig, wenn er sagt: «Damit der Staat als die sich wissende sittliche Wirklichkeit des Geistes zum Dasein komme, ist seine Unterscheidung von der Form der Autorität und des Glaubens nothwendig; diese Unterscheidung tritt aber nur hervor, insofern die kirchliche Seite in sich selbst zur Trennung kommt; nur so über die besondern Kirchen hat der Staat die Allgemeinheit des Gedankens, das Prinzip seiner Form gewonnen und

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Karl Marx: Zur Judenfrage. In: Deutsch-Französische Jahrbücher, Paris: Bureau der Jahrbücher, 1844, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_190.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)