Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 085.jpg

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wollte drinnen zu lesen. Davon hat sich der Mensch große Weisheit und Geheimnisse eingebildet.


39.
Das Bergmännlein beim Tanz.
Brixener Volksbuch.

Es zeigten alte Leute mit Wahrhaftigkeit an, daß vor etlichen Jahren zu Glaß im Dorf, eine Stunde von dem Wunderberg und eine Stunde von der Stadt Salzburg, Hochzeit gehalten wurde, zu welcher gegen Abend ein Bergmännlein aus dem Wunderberge gekommen. Es ermahnte alle Gäste, in Ehren fröhlich und lustig zu seyn und verlangte, mit tanzen zu dürfen; das ihm auch nicht verweigert wurde. Also machte es mit einer und der andern ehrbaren Jungfrau allzeit drei Tänze und zwar mit besonderer Zierlichkeit, so daß die Hochzeitgäst mit Verwunderung und Freude zuschauten. Nach dem Tanz bedankte es sich und schenkte einem jeden der Brautleute drei Geldstücke von einer unbekannten Geldmünze, deren jedes man zu vier Kreuzer im Werthe hielt und ermahnte sie dabei, in Frieden und Eintracht zu hausen, christlich zu leben und bei einem frommen Wandel ihre Kinder zum Guten zu erziehen. Diese Münze sollten sie zu ihrem Geld legen und stets seiner gedenken, so würden sie selten in Noth kommen; sie sollten aber dabei nicht hoffährtig werden, sondern mit ihrem Ueberfluß ihren Nachbarn helfen.

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_085.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)