Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 227.jpg

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stellte die Platte unter eine Bank in ihrem Laden, allwo sie stehen blieb, bis ein Glockengießer ins Land kam, bei welchem die Attendorner eine Glocke gießen und das Metall dazu von der Bürgerschaft erbetteln zu lassen beschlossen. Die, so das Erz sammelten, bekamen allerhand zerbrochene eherne Häfen, und als sie vor dieser Wittib Thür kamen, gab sie ihnen ihres Sohnes Gold, weil sie es nicht kannte und sonst kein zerbrochen Geschirr hatte.

Der Glockengießer, so nach Arensberg verreist war, um auch dort einige Glocken zu verfertigen, hatte einen Gesellen zu Attendorn hinterlassen, mit Befehl, die Form zu fertigen und alle sonstige Anstalten zu treffen, doch den Guß einzuhalten, bis zu seiner Ankunft. Als aber der Meister nicht kam und der Gesell selbst gern eine Probe thun wollte, so fuhr er mit dem Guß fort und verfertigte den Attendornern eine von Gestalt und Klang so angenehme Glocke, daß sie ihm solche bei seinem Abschied (denn er wollte zu seinem Meister nach Arensberg, ihm die Zeitung von der glücklichen Verrichtung zu bringen) so lang nachläuten wollten, als er sie hören könnte. Ueber das folgten ihm etliche nach, mit Kannen in den Händen und sprachen ihm mit dem Trunk zu. Als er nun in solcher Ehr und Fröhlichkeit bis auf die steinerne Brücke (zwischen Attendorn und dem fürstenbergischen Schloß Schnellenberg) gelanget, begegnet ihm sein Meister, welcher alsobald mit den Worten: "was hast du gethan, du Bestia!" ihm eine Kugel durch den Kopf

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_227.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)