Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 077.jpg

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anders legte, als eine große, oben mit einer helllautenden Schelle versehene, Stange. Diese Stange wurde zuweilen aufgesteckt, so daß sie jedermann sehen und den Klang hören konnte. Alle Höfe und Dörfer des Klosters hatten nun auch ihre Wagen, auf denen der Mönche Dienstleute Korn und Wein zufuhren; jener Wagen mit der Stange fuhr dann voraus, und hundert oder funfzig andere Wagen folgten nach, und jedermann erkannte daran, daß der Zug dem berühmten Kloster Novalese gehörte. Und da war kein Herzog, Graf, Herr oder Bauer, der gewagt hatte, ihn zu beschädigen; ja die Kaufleute auf den Jahrmärkten sollen ihren Handel nicht eher eröffnet haben, als bis sie erst den Schellenwagen heranfahren sahen. Als diese Wagen ein Mal beladen zum Kloster zurückkehrten, stießen sie auf des Königs Leute, welche die königlichen Pferde auf einer Wiese weideten. Diese sahen kaum so viel Güter ins Kloster fahren, als sie übermüthig darauf herfielen, und alles wegnahmen. Die Dienstleute widersetzten sich vergeblich, ließen aber, was geschehen war, augenblicklich dem Abt und den Brüdern kund thun. Der Abt versammelte das ganze Kloster, und berichtete die Begebenheit. Der Vorsteher der Brüderschaft war damals einer Namens Asinarius, von Herkunft ein Franke, ein tugendhafter, verständiger Mann. Dieser, auf Walthers Rath, man müsse zu den Räubern kluge Brüder absenden, und ihnen die Sache gehörig vorstellen lassen, sagte sogleich: „so sollst du Walther schnell dahin gehen,

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_077.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)