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421.
Der Kirchenkrug.

Greg. turon. hist. II. 28.
Aimoinus I. 12
Flodoardus hist. rem. I. 13.
Vergl. Eichhorns d. Rechts-Gesch. S. 72.


Als Chlodowich mit seinen Franken noch im Heidenthum lebte, und den Gütern der Christen nachstellte, geschah es, daß sie auch aus der Kirche zu Rheims einen großen, schweren und zierlichen Krug raubten. Der heilige Remig sandte aber einen Boten an den König, und flehte, daß, wenn gleich das übrige Unrecht nicht wieder gut gemacht werden sollte, wenigstens dieser Krug zurückgegeben würde. Der König befahl dem Boten, ihm nach Sueßion [1] zu folgen, wo die ganze Beute durch Loos getheilt werden sollte: „weist mir dann das Loos dieses Gefäß zu, warum du bittest, so magst du es gern zurücknehmen." Der Bote gehorsamte, ging mit an den bestimmten Ort, wo sie kaum angelangt waren, als auf Befehl des Königs alles gewonnene Geräth herbeigetragen wurde, um es zu verloosen. Weil aber Chlodowich fürchtete, der Krug könnte einem andern, als ihm, zufallen, berief er seine Dienstmänner und Genossen, und bat sich von ihnen zur Gefälligkeit aus, daß sie ihm jenen Krug, außer seinem Loostheil an der Beute, besonders zuweisen möchten. Die Franken versetzten: „wem sie ihr Leben widmeten, wollten



  1. Soißons. Im Parcifal 7785 Sessun.
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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_096.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)