Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 097.jpg

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sie auch nichts anders absagen.“ Und alle waren’s zufrieden, bis auf einen, der sich erhob, mit seinem Schwert den Krug in Scherben schlug, und sagte: „Du sollst weiter nichts haben, König, als was dir das gerechte Loos zutheilt." Alle staunten ob des Mannes Kühnheit; der König aber verstellte seinen Zorn, und übergab das zerbrochene Gefäß dem Boten des Bischofs. – Ein Jahr darauf befahl der König, das Heer auf dem Märzfeld zu versammeln, und jeder sollte so gewaffnet erscheinen, daß er gegen den Feind streiten könne. Als sich nun jedermann in glänzenden Waffen darstellte, und Chlodowich alle musterte, kam er zu dem, der mit dem Schwert den Krug zerschlagen hatte, sah ihn an und sprach: „im ganzen Heer ist kein Feiger, wie du; dein Spieß und Helm, Schild und Schwert sind unnütz und schlecht.“ Mit diesen Worten streckte er die Hand nach des Kriegers Schwert, und warf es auf den Boden hin. Als sich nun jener bückte, das Schwert aufzuheben, zog der König seines, stieß es ihm heftig in den Nacken, und sprach: „so hast du mir zu Sueßion mit dem Kruge gethan!" Auf diese Weise blieb der Krieger todt, der König hieß die übrigen heimziehen, und stand seitdem in viel größerer Furcht bei allen Franken, daß ihm keiner zu widerstreben wagte.


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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_097.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)