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431.
Das Grab der Heiligen.

Aimoinus IV. 17.


Dagobert, als er noch Jüngling war, ritt eines Tages auf die Jagd und verfolgte einen Hirsch, der ihm durch Berg und Thal entrann.

Endlich floh das Thier in ein Häuslein, worin die Gebeine des h. Dionysius und seiner Gefährten begraben lagen; die Hunde fanden die Spur, aber sie vermochten, ungeachtet die Thüren des Hauses offen standen, nicht hineinzudringen, sondern standen außen und bollen. Dagobert kam dazu, und betrachtete staunend das Wunder. Von der Zeit an wandte sich Dagobert zu den Heiligen. Es geschah aber, daß Dagobert, durch den Stolz eines Herzogs Sadregisel beleidigt, ihn mit Schlägen und Bartscheerung beschimpfen ließ. Dieser verwegenen That halber flüchtete Dagobert in den Wald, und barg sich in demselben Schlupfwinkel, wohin damals der Hirsch geflohen war, vor dem Zorn seines Vaters. Der König Chlotar, sobald er die Beschimpfung des Dieners hörte, befahl, seinen Sohn augenblicklich auszusuchen und zu bestrafen. Während dies geschah, hatte sich Dagobert vor den heiligen Leichnamen demüthiges Herzens niedergeworfen, und versank in Schlaf. Da erschien ihm ein ehrwürdiger Greis mit freundlichem Antlitz, und hieß ihn ohne Furcht seyn: wenn er verheiße, die Heiligen in stäter Ehre zu halten, solle er nicht

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_115.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)