Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 236.jpg

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mag weder gestürmt noch angelaufen werden. Nun zog aber Frau Maultasch mit ihrem Kriegsvolk stracks auf Osterwitz zu, sonderlich, nachdem sie verstanden, daß ein großer Adel allda beisammen wäre; des endlichen Vorhabens, so lange davor zu liegen, bis sie solches in ihre Gewalt bringen und der vorberührten Herren und Frauen würde habhaft seyn. Wie solches dem Herrn Reinher Schenk von seinen Kundschaftern angekündet worden, hat er hierauf unverzogenlich seine Kriegsleute, derselben nicht viel über drei Hundert gewesen, mit großem Fleiß auf die Wehren der Mauern und allenthalben auf dem hohen Berge geordnet, und gar nichts unterlassen, was auf dies Mal dazu gedienet. Hiezwischen kam die Frau Maultasch so weit hinaus, daß sie mit den Ihren das Feld weit und breit eingenommen, auch das Schloß in dem Gezirk also umringet, daß schier niemand zu den Belagerten kommen oder aus der Festung weichen konnte. Und weil die Tyrannin gesehen, daß es unmöglich, Osterwitz zu begwaltigen, hat sie demnach, in der Zeit der Belagerung, den armen Bauersleuten in den Dörfern, mit Brennen, Rauben, Morden und andern Gewaltthätigkeiten nicht geringen Schaden zugefügt; wie dessen die zerbrochnen Schlösser und Burgen noch heutiges Tages genügsame Zeugniß geben. Doch als sie zuletzt gesehen, daß sie Zeit umsonst und vergeblich vertrieben, auch mit all ihrer Gewalt wenig ausrichten würde, hat sie so viel im Rath befunden, ihre Gesandten an Reinher Schenk zu verordnen, mit dem

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_236.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)