Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 249.jpg

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solches erließe, denn es wäre unnatürlich; was er ihn sonst hieße, wolle er gern thun. Der Vogt aber zwang ihn mit seinen Knechten, und legte dem Kinde den Apfel selbst aufs Haupt. Nun sah Tell, daß er nicht ausweichen konnte, nahm den Pfeil, und steckte ihn hinten in seinen Göller, den andern Pfeil nahm er in die Hand, spannte die Armbrust, und bat Gott, daß er sein Kind behüten wolle; zielte und schoß glücklich ohne Schaden den Apfel von des Kindes Haupt. Da sprach der Herr, das wäre ein Meisterschuß; aber eins wirst du mir sagen: was bedeutet, daß du den ersten Pfeil hinten ins, Göller stießest? Tell sprach: das ist so Schützen Gewohnheit. Der Landvogt ließ aber nicht ab, und wollte es eigentlich hören; zuletzt sagte Tell, der sich fürchtete, wenn er die Wahrheit offenbarte: wenn er ihm das Leben sicherte, wolle ers sagen. Als das der Landvogt gethan, sprach Tell: nun wohl! sintemal ihr mich des Lebens gesichert habt, will ich das Wahre sagen. Und fing an und sagte: ich hab es darum gethan, hätte ich des Apfels gefehlt, und mein Kindlein geschossen, so wollte ich euer mit dem andern Pfeil nicht gefehlt haben. Da das der Landvogt vernahm, sprach er: dein Leben ist dir zwar zugesagt; aber an ein Ende will ich dich legen, da dich Sonne und Mond nimmer bescheinen; ließ ihn fangen und binden, und in denselben Nachen legen, auf dem er wieder nach Schwitz schiffen wollte. Wie sie nun auf dem See fuhren, und kamen bis gen Axen hinaus, stieß sie

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_249.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)