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542.
Friedrich von Oldenburg.
Chron. rastedense, ap. Meibom II, p. 90. 91.

Gryphianders Schauspiel Fridericus Leomachus 1609.
Möleman de certamine Friderici cum Leone. Hafn. 1749.
Dreyer Misc. S. 69.


Graf Huno von Oldenburg war ein frommer und rechter Mann. Als zu seiner Zeit der Kaiser einen großen Fürstentag in der Stadt Goslar hielt, säumte Huno, weil er Gott und frommen Werken oblag, dahin zu gehen. Da verleumdeten ihn falsche Ohrenbläser und klagten ihn des Aufruhrs gegen das Reich an; der Kaiser aber verurtheilte ihn zum Gottesurtheil durch Kampf, und kämpfen sollte er mit einem ungeheuern, grausamen Löwen. Huno begab sich nebst Friedrich, seinem jungen Sohne, in des Kaisers Hof; Friedrich wagte, mit dem Thier zu fechten. Vater und Sohn flehten Gottes Beistand an und gelobten, der Jungfrau Maria ein reiches Kloster zu stiften, wenn ihnen der Sieg zufiele. Friedrich ließ einen Strohmann zimmern und gleich einem Menschen bewaffnen, den warf er listig dem Löwen vor, schreckte ihn und gewann unverletzt den Sieg. Der Kaiser umarmte den Helden, schenkte ihm Gürtel und Ring, und belehnte ihn mit vielen Gütern vom Reich. – Die Friesen sangen Lieder von dieser That.



Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_340.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)