Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 349.jpg

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dem Stift zuständig war, von der Hörsel bis an die Werra. Ludwig aber, nachdem er zu seinen Jahren kam, bauete Wartburg bei Eisenach, und man sagt, es sey also gekommen: auf eine Zeit ritt er an die Berge aus jagen, und folgte einem Stück Wild nach, bis an die Hörsel bei Niedereisenach, auf den Berg, da jetzo die Wartburg liegt. Da wartete Ludwig auf sein Gesinde und Dienerschaft. Der Berg aber gefiel ihm wohl, denn er war stickel und fest; gleichwohl oben räumig, und breit genug darauf zu bauen. Tag und Nacht trachtete er dahin, wie er ihn an sich bringen möchte: weil er nicht sein war, und zum Mittelstein.[1] gehörte, den die Herren von Frankenstein inne hatten. Er ersann eine List, nahm Volk zusammen, und ließ in einer Nacht Erde von seinem Grund in Körben auf den Berg tragen, und ihn ganz damit beschütten; zog darauf nach Schönburg, ließ einen Burgfrieden machen, und fing an, mit Gewalt auf jenem Berg zu bauen. Die Herren von Frankenstein verklagten ihn vor dem Reich, daß er sich des Ihren freventlich und mit Gewalt unternähme. Ludwig antwortete: „er baue auf das Seine, und gehörte auch zu dem Seinen, und wollte das erhalten mit Recht. Da ward zu Recht erkannt: wo er das erweisen und erhalten könne, mit zwölf ehrbaren Leuten, hätte er’s zu genießen. Und er bekam zwölf Ritter, und trat mit ihnen auf den Berg, und sie zogen ihre Schwerter



  1. Weil er die Fünfscheide macht zwischen Hessen, Thüringen, Franken, Buchen und Eichsfeld
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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_349.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)