Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 378.jpg

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und zu trinken, und als er fertig war, sprach er zu ihm: „kannst du schweigen, so sollst du in der Nacht mit mir gehen, und da will ich dir etwas geben, daß du dein lebtag nicht mehr zu betteln brauchst.“ Der Landgraf sprach: „ja, schweigen kann ich, und durch mich soll nichts verrathen werden.“ Darauf wollten sie schlafen gehen; aber der Soldat gab ihm erst ein rein Hemd, das sollte er anziehen und seines aus, damit kein Ungeziefer in das Bett käme. Nun legten sie sich nieder, bis Mitternacht kam; da weckte der Soldat den Armen und sprach: „steh auf, zieh dich an und geh mit mir.“ Das that der Landgraf, und sie gingen zusammen in Cassel herum. Der Soldat aber hatte ein Stück Springwurzel, wenn er das vor die Schlösser der Kaufmannsläden hielt, sprangen sie auf. Nun gingen sie beide hinein; aber der Soldat nahm nur vom Ueberschuß etwas, was einer durch die Ehle oder das Maaß heraus gemessen hatte, vom Capital griff er nichts an. Davon nun gab er dem Bettelmann auch etwas in seinen Ranzen. Als sie ganz in Cassel herum waren, sprach der Bettelmann: „wenn wir doch dem Landgrafen könnten über seine Schatzkammer kommen!“ Der Soldat antwortete: „hie will ich dir auch wohl weisen; da liegt ein bischen mehr, als bei den Kaufleuten.“ Da gingen sie nach dem Schloß zu, und der Soldat hielt nur die Springwurzel gegen die vielen Eisenthüren, so thaten sie sich auf; und sie gingen hindurch, bis sie in die Schatzkammer gelangten, wo die Goldhaufen

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_378.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)