Seite:Die Chronik des Albert von Stade 064.png

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1220. Friderich, König von Sicilien, Sohn Kaiser Heinrichs, der 89. von Augustus, wird zu Rom vom Papst Honorius gekrönt. Mehrfach aber verbreitete sich das Gerücht, ebenderselbe Friderich wäre nicht Kaiser Heinrichs wirklicher Sohn gewesen, sondern nur ein sogenannter. Dies soll sich so zugetragen haben. Die Herrin Constantia, die Tochter des Königs von Sicilien, wurde dem Kaiser unter der Bedingung ehelich verbunden, daß, wenn ihr Oheim, welcher das Königreich von Sicilien, Apulien und Calabrien besaß, vor Constantia stürbe, dann das Königreich nach Erbrecht auf Constantia fallen solle. Constantia aber hielt man, als sie den Kaiser heirathete, für eine sechzigjährige[1]. Man befürchtete aber, daß sie unfruchtbar bleiben würde. Daher suchte sich der Kaiser des Rathes der Aerzte zu bedienen, daß sie nach Beseitigung der Unfruchtbarkeit gesegnet werde, damit nicht das Königreich Sicilien ohne Erben bliebe. Und die Aerzte gelobten ihm für solches Vorhaben Hülfe und Rath. Sie ließen aber den Leib derselben allmählich durch Medicin so anschwellen, daß der Kaiser glaubte, sie wäre stark schwanger. In der Zwischenzeit aber sahen sich die Aerzte nach einem Knäbchen um, so daß von verschiedenen schwangeren Frauen, welche zur Zeit der Niederkunft der Constantia gebären sollten, in strengster Heimlichkeit ein Knäbchen entführt und in den Palast zum Bett der Constantia zur Zeit der Niederkunft gebracht werden sollte, wo es so, obwohl anderswo geboren, gleichsam von der Constantia geboren worden und daher der Sohn eines anderen als Sohn des Kaisers und der Kaiserin gelten sollte. Man sagt aber, es sei zweifelhaft, ob jenes Knäblein der Sohn eines Arztes, oder eines Müllers, oder eines Falkenhüters gewesen sei, aber in Wahrheit sagt man, daß er der Sohn eines von diesen dreien gewesen sei[2]. Hinrich, Sohn

  1. Sie war dreißig Jahre alt.
  2. An einer anderen Stelle, in dem Verzeichnis der Kaiser, urtheilt Albert anders.
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Albert von Stade, übersetzt von Franz Wachter: Die Chronik des Albert von Stade. Leipzig: Dyk'sche Buchhandlung, 1896, Seite 064. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Albert_von_Stade_064.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)