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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Montenegros und seines jungen Fürsten Danilo (Daniel), die dieser um so mehr zu erringen und von Seiten der türkischen Regierung anerkannt zu sehen bestrebt ist, da er sich unter dem Schutze Rußlands zum unabhängigen Fürsten von Montenegro erhoben hat und als solcher von eben dieser Schutzmacht anerkannt worden ist.

Danilo, ein Sprößling aus der bei den Montenegrinern gleichsam für heilig gehaltenen Familie Petrowitsch, war ursprünglich von seinem Vorgänger nicht zum Nachfolger bestimmt worden; vielmehr hatte dieser die Herrschaft über Montenegro dem Sohn seines älteren Bruders zugedacht und ihn nach Petersburg gesandt, um sich für seinen hohen Beruf auszubilden. Der Tod dieses Neffen Petrowitsch II. erfolgte während seines Aufenthalts in der russischen Residenz, und nun lenkte der schon bejahrte Wladika seine Aufmerksamkeit auf den jungen Danilo, der gerade zu dieser Zeit die Schule in dem benachbarten Cattaro (im österreichischen Dalmatien) besuchte. Danilo ward von dort zurückberufen und bald darauf nach Petersburg gesandt. Auf der Reise dorthin begriffen, ereilte ihn die Nachricht von dem Tode seines Oheims, und sofort kehrte Danilo nach Montenegro zurück. Hier hatten sich unterdessen verschiedene Parteien gebildet und es schien, als sollte es wegen der Nachfolge Danilo’s zu inneren Streitigkeiten kommen, die um so gefährlicher für Montenegro hätten werden können, da Pero, der Präsident des Senats, in dem Verdachte stand, daß er darauf ausgehe, die Herrschaft an sich zu reißen. Rußland wandte diesen Parteiungen die größte Aufmerksamkeit zu, schickte einen besonderen Abgeordneten nach Montenegro ab, ließ sich durch diesen über die Verhältnisse desselben genau unterrichten und begünstigte den jungen Danilo, der sich überdies durch sein kluges und entschiedenes Benehmen in kurzer Zeit die Zuneigung seines Volkes erworben hatte, so sehr, daß die Bemühungen seiner Gegner erfolglos blieben, und diese sich endlich für ihn erklärten.

Dem Willen seines Vorgängers gemäß sollte Danilo seine Ausbildung in Petersburg vollenden und dort zu seiner kirchlichen Würde eingeweiht werden. Der junge Fürst reiste demzufolge nach Petersburg ab, doch kaum war dies geschehen, so traten die Häupter der Montenegriner zu Cettinje zusammen und berathschlagten, wie einer längeren Abwesenheit Danilo’s vorgebeugt werden könne. Nur in der Trennung der weltlichen Würde von der geistlichen sah man die Möglichkeit, den jungen Fürsten in kürzester Zeit seinem Volke wieder zuzuführen. Alsbald schritt man zur Ausführung dieses Planes. Man wandte sich zu diesem Ende in einer Bittschrift an den Kaiser von Rußland und entwickelte in dieser die Gründe, die eine Trennung der weltlichen von der geistlichen Würde nothwendig machten, so schlagend, daß sich der russische Kaiser, der sich überdies noch durch seinen Abgeordneten Bericht erstatten ließ, dem Gesuche des montenegrinischen Senates willfährig zeigte und dem jungen Danilo in einem eigends hierzu ausgefertigten Diplome den Titel "erlauchter Fürst des montenegrinischen Volkes" beilegte.

Mit dem Orden des heil. Stanislaus erster Klasse geschmückt, kehrte Fürst Danilo zu seinem Volke zurück, dem er in einer großen Versammlung das feierliche Versprechen gab, mit unermüdeter Anstrengung nur für sein Wohl zu sorgen. Der junge Fürst, der, wenn auch keine gebietende Heldengestalt, wie die meisten seiner Vorgänger, doch mit einer einnehmenden Persönlichkeit, einen seltenen Scharfblick, Entschlossenheit und Neigung zu nützlicher Thätigkeit verbindet, hat bereits während seines kurzen Regiments Beweise dafür gegeben, daß es ihm mit seinen dem Volke zugesagten Verheißungen Ernst sei, und namentlich ist er bemüht, durch Gründung von Schulen und Kirchen, durch eine bessere Gerechtigkeitspflege und durch Anlage von Straßen die Montenegriner für Kultur und Civilisation empfänglich zu machen. Zum geistlichen Oberhaupte hat er den Archimandriten Nikodem Rajcevic ernannt, der sich bereits nach Petersburg begeben hat, um sich dort als Erzbischof weihen zu lassen.

Für den Augenblick ist freilich die Aufmerksamkeit des jungen Fürsten und seines Volkes auf den Kampf gegen die Türken gerichtet. Der Sultan ist weit entfernt, Danilo als unabhängigen Fürsten von Montenegro anzuerkennen, im Gegentheil hat er ein ansehnliches Heer gegen die Montenegriner gesandt, und sogar einen ansehnlichen Küstenstrich Albaniens in Blokadezustand erklärt. Ihrerseits haben sich die Montenegriner stärker gerüstet als je; Danilo selbst steht an ihrer Spitze, und durch die Ueberrumpelung der, am See von Scutari belegenen Feste Czabljak hat er bereits einen festen Operationspunkt gewonnen. Ob es indeß die Montenegriner wagen werden, weiter in die Ebenen vorzudringen und den Türken in offener Feldschlacht entgegenzutreten, läßt sich kaum erwarten, es sei denn, daß unter den übrigen slavischen Stämmen eine entschiedene Bewegung zu ihren Gunsten einträte. In diesem Falle würde sich der kaum begonnene Kampf weit hin über die westlichen Provinzen der europäischen Türkei ausbreiten, und, welchen Ausgang er auch nehmen möchte, zur Kräftigung der türkischen Herrschaft gewiß nicht beitragen. Gerade die Möglichkeit eines solchen Ereignisses ist es, die dem kräftigen Auftreten der Montenegriner eine so hohe Bedeutung giebt.




Ein großer Mann im niedern Stande.

Mögen Andere, wenn sie es nicht lassen können, von Verbrechern erzählen, von deren Thaten man ohne Grauen und Hautschauern nicht hören kann; ich meines Theils will Ihnen gelegentlich von Männern oder Frauen berichten, von welchen unseres Bürger’s Worte auch gelten:

Hoch klingt das Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang.

Ich will Ihnen von solchen Edeln aus unsern Tagen erzählen, wäre es auch nur, damit die Leser erkennen und bekennen: es giebt doch noch brave, ja große Menschen!

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_026.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)