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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Fall, und zwar ist es meist kleesaurer oder kohlensaurer Kalk. Diese Krystalle bilden oft noch viel zusammengesetztere Drüsen, als die abgebildete, namentlich in den Cactus-Arten, und dann kann man sie sandkorngroß schon mit bloßen Augen erkennen; oft kommen sie aber auch als einzelne Krystalle von außerordentlicher Reinheit der Form vor, mit sehr deutlich ausgebildeten Flächen, Kanten und Ecken. Daß diese Krystalle nicht als solche von außen in die Pflanze eingedrungen sein können, sondern sich erst in den Zellen gebildet haben müssen, kannst Du Dir selbst sagen, da Du neulich aus meinem Wasserbriefe erfahren hast, daß die Pflanze nur wässrige oder luftförmige Stoffe aufnehmen kann.

Doch laß uns nun einige weitere Schritte in die kleinen Vorrathskammern und chemischen Laboratorien thun, welches beides die Zellen der Pflanzen sind.

Die beiden wichtigsten Stoffe, Stärkemehl und Kleber, haben wir neulich in ihnen schon gefunden, als ich Dir den Bau eines Getreidekornes und der Kartoffel beschrieb.

Dieselbe Nahrhaftigkeit wie das Stärkemehl hat für uns auch der Zucker und der Gummi, chemisch mit jenem ganz übereinstimmend, so daß alle drei leicht in einander sich umwandeln können. Gummi und Zucker werden ebenfalls von einzelnen Pflanzenzellen bereitet, aber immer in flüssiger Form.

Eine merkwürdig nahe Verwandtschaft oder vielmehr chemische Aehnlichkeit mit diesen drei Stoffen hat auch das Oel, was uns Rübsen, Raps, Hanf, Lein, Nüsse, Mandeln, Oliven darbieten; daher ersetzt auch das Oel z. B. im Rübsamen die Stelle des fehlenden Stärkemehles vollkommen, d. h. es wird von dem Keimpflänzchen des Samens ebenso verzehrt, wie das Stärkemehl im keimenden Roggenkorn, wobei es, wie dieses, in Gummi und Zucker umgewandelt wird. In den ölreichen Samen schwimmen in dem Zellensaft außerordentlich kleine Oeltröpfchen, die nicht zusammenfließen, weil sie eben in dem Zellensafte schwimmen. Wenn in alten Nüssen der Zellensaft vertrocknet ist, so fließen die Oeltröpfchen zusammen und die nun größere Oelmasse wird bald ranzig. Darum sehen auch die Kerne alter Nüsse ölig und durchscheinend, und die noch frischen sehen weiß aus. Wenn man ein ganz feines Schnittchen vom Wallnußkern unter dem Mikroskop etwas quetscht, so treten aus den Zellen die kleinen Oeltröpfchen zum Theil heraus und fließen zu größern Oelmassen zusammen, was ich Dir hier abgezeichnet habe (Fig. 2). Du siehst dann die Zellen ganz von kleinen Oeltröpfchen erfüllt.

Ich nannte Dir vorhin die ätherischen Oele. Man nennt sie zu deutsch flüchtige Oele, und sie unterscheiden sich von den eigentlichen oder fetten Oelen dadurch, daß sie auf Papier einen allmählig wieder verschwindenden, letztere einen dauernden Oelfleck hervorbringen.

In den Gewürznelken findet sich das ätherische Nelkenöl in eigenen Oelbehältern in der äußersten Schicht derselben, welche weniger von Zellen umschlossen sind, aus denen das Oel in dieselben ausgeschieden wird. Du siehst dies an Fig. 3, welche einen kleinen Theil des Querschnittes einer Gewürznelke darstellt. Nach oben liegt die auf diesen Theil fallende Oberhaut mit sehr verdickten äußeren Zellenwänden. Darunter zwei ganze und ein Theil von zwei andern Oelbehältern. Darin sind aber die einzelnen Oeltröpfchen nicht mehr vorhanden, denn sie haben nach Austrocknung der Gewürznelken das umliegende Zellgewebe durchdrungen. - – Eben so ist das Vorkommen des ätherischen Oeles in der Schale der Citronen und Pomeranzen beschaffen, auf denen man als runde Fleckchen die Oelbehälter schon mit bloßem Auge sehen kann.

In dem Zellgewebe der Blätter und Blüthen finden wir am verbreitetsten und in der größten Mannichfaltigkeit die Farbestoffe, deren wir eine so große Menge aus dem Pflanzenreiche beziehen. Sie sind stets die Erzeugnisse der einzelnen Zellen und nie finden sie sich in größeren Behältern. Dabei ist es auffallend, daß die Farbzelle selbst von der in ihr eingeschlossenen und von ihr bereiteten Farbe nicht gefärbt ist, da im Gegentheil ihre Haut farblos erscheint. Es ist überhaupt eine Regel, daß die gefärbten Pflanzentheile, namentlich die grünen, blauen, gelben, zinnoberrothen, karminrothen und violetten, ihre Färbung nur durch den Zelleninhalt, nicht durch Gefärbtsein ihrer Zellenhäute erhalten. Doch leidet dies bei den verschiedenen braunen Farben eine Ausnahme, wo es meist umgekehrt ist.

Manche Farbstoffe, die wir aus den Pflanzen gewinnen, sind in der Pflanze farblos und erhalten ihre Farbe erst durch die Bereitungsart. Dies gilt z. B. von dem kostbaren Indigo, der aus einer wickenartigen Pflanze gewonnen wird. Der Farbstoff des Indigo kommt ganz gleich auch in einer bei uns einheimischen und sehr leicht in Menge zu bauenden Pflanze vor, im Waid. Dennoch hat die Erfahrung gezeigt, daß gleich guter Indigo aus Waid gewonnen, theurer zu stehen kommt, als der ächte. Das ist eine Lehre für die Schutzzöllner, welche wo möglich alles im Lande machen lassen und fremde Erzeugnisse durch Schutzzölle verbannen möchten. Man wolle blos das erzeugen, was man selbst am billigsten erzeugen und am vortheilhaftesten verwerthen kann; dann bleibt theure ausländische Waare von selbst weg!

Doch ich will Dir zum Schluß noch etwas über diejenigen Farben mittheilen, die schon in ihren bunten Kleidern in den Pflanzenzellen sind und die uns die Erde zu einem glänzenden Garten machen.

Oben an steht die grüne Farbe. Sie findet sich immer in der Form von Kügelchen in dem wasserklaren Zellsafte.[1] Bekanntlich bleiben für gewöhnlich grün gefärbte Pflanzentheile bleich, wenn sie im Dunkeln gewachsen sind, wie z. B. die Blättchen an den Kellerkeimen der Kartoffeln. Es scheint daher auf die grüne Farbe das Sonnenlicht einen bedeutenden Einfluß auszuüben. Je dunkler grün ein Pflanzentheil gefärbt ist, desto reichlicher sind seine Zellen mit Blattgrün gefüllt. Das siehst Du an einigen Zellen eines Camelienblattes (Fig. 4). Oben und unten an der Figur sehen wir die obere und untere Oberhaut (o und n) und dazwischen das Zellgewebe des Blattes. Du weißt, daß das Blatt der Camelia auf der Oberseite viel dunkler grün ist, als auf der unteren. Du wirst dies mit dem Bau des Blattes im Einklang finden, denn


  1. Wir können auf unserem Holzschnitte leider die Farben selbst nicht geben, wie es der Briefsteller auf seinem bunten Bildchen gethan hat. Wir haben uns verschiedener dichter, stärkerer oder feinerer Schattirung bedient.
    D. Red. 
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_260.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)