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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

welche die Schleichhändler zufällig dort zurücklassen hatten, in Beschlag genommen hätten.

Statt Bestürzung hervorzubringen, wurde diese Nachricht von der Bande mit dem lautesten Gelächter aufgenommen und nachdem jeder der Versammelten noch einen Becher Aguardiente hinunter gestürzt hatte, verließ die ganze Gesellschaft das Rancho, bei Petrus und Paulus schwörend, die naseweisen Beamten in ihre Tonnen zu stopfen, in ihre Behausung zu bringen, sie zu kochen und als passendes Schlußgericht der Festlichkeit des Tages zu verspeisen. Sie wußten recht wohl, daß die Zollhausbeamten weder hier noch anderwärts in hinreichender Anzahl vorhanden waren, um einer entschlossenen Bande von Contrabandistas mehr als einen scheinbaren Widerstand zu leisten.

Sie zogen sogleich nach der Küste und die wenigen Zollhausleute setzten sich eiligst in Bereitschaft, ihren Anspruch auf die von ihnen confiscirten Oxhofte zu vertheidigen. Es war eine Mondscheinnacht; bald widerhallte das Ufer von lautem Geschrei und das glänzende Mondlicht beleuchtete erhobene Waffen und erbitterte Kämpfende. Aber das Scharmützel war nur von kurzer Dauer; die Zollbeamten standen einer bedeutenden Uebermacht gegenüber, sie gehörten überdies auch nicht zu den tapfersten Leuten und ergriffen nach dem ersten Anlaufe die Flucht. Die Schleichhändler verfolgten sie eifrig und würden sie jedenfalls erreicht und gefangen genommen haben, wären sie nicht in Folge ihres Gelages etwas unsicher auf den Füßen gewesen. Sie machten unter solchen Umständen nur einen Gefangenen, der im Kampfe leicht verwundet worden war und diesen trieben sie, als sie nach ihrem Rancho zurückkehrten, ziemlich unsanft vor sich her.

Der arme Beamte wurde mitten unter die Flaschen, Becher und Teller auf den Tisch gesetzt und man hielt hierauf eine trunkene Berathung über die Strafe, welche dem Gefangenen zuerkannt werden sollte.

„Hängt ihn sogleich an einen der Balken!“ rief ein Kerl von rohem Ansehn, mit einem dicken dicht behaarten Halse und einem rothen Tuche über den Augen.

„Setzt ihn in ein Faß Spiritus und laßt es uns anzünden,“ rief ein anderer mit schlauem Blicke und einem Anfluge von Humor.

„Hängt ihn an den Beinen auf und bespritzt sein Gesicht mit Vitriol, bis wir sehen, wie er sich ausnimmt,“ fügte wohlwollend ein viertes Mitglied der Gesellschaft hinzu.

Sie waren im Begriffe, den Gefangenen vom Tische zu ziehen und eine der vorgeschlagenen Strafen in Ausführung zu bringen, als der Capitaz Antonio Pulf sich einmischte und seinen Gefährten mit lauter Stimme zurief, daß sie dem Schufte die Wahl lassen wollten, sich der Bande ohne Weiteres anzuschließen, oder durch eines der erwähnten Mittel den Tod zu erleiden.

Der arme Gefangene ergriff eifrig die ihm gebotene Gelegenheit sein Leben zu retten und besann sich keinen Augenblick, den Vorschlag des Anführers anzunehmen, der unter diesen Umständen der günstigste war. Hierauf umringten ihn die Schleichhändler und führten ihn vor Pulf, der auf dem einzigen im Gemache befindlichen Stuhle saß; der Anführer bestieg diesen und hielt von dieser Erhöhung aus folgende eindrucksvolle Anrede an seinen neu aufgenommenen Anhänger.

„Ave Maria, Du, der Du Dich Martin [Balto] nennst, gewesener Beamter im Dienste unserer thörigen grausamen Regierung, bist jetzt Mitglied unseres Bundes geworden. Du bist verpflichtet, seinen Gesetzen zu gehorchen, seine Befehle zu vollziehen, seine Interessen zu vertheidigen und seine Geheimnisse zu bewahren. Du wirst Dich bei Tag und bei Nacht, zu Wasser und zu Lande, in der Ferne und in der Nähe jederzeit dieser Verpflichtung erinnern und uns treulich dienen oder mit Deinem Leben dafür verantwortlich gemacht werden. Solltest Du Dich als treulos bewähren, so wird unsere Rache Dich überall erreichen, wo Du es am wenigsten erwarten wirst; unsere Sendlinge werden immer in Deiner Nähe sein, ohne daß Du es vermuthest; keine Entfernung wird unsere Aufsicht schwächen und keine Macht der Erde wird Dich vor unserer Vergeltung schützen. Dienest Du uns dagegen treu und eifrig, so werden wir Dich vertheidigen und unterstützen und Dir den Antheil an der Beute gönnen, der Dir gebührt. Im Namen unserer heiligen Jungfrau von Guadaloupe – willst Du diese Vorschläge annehmen?“

„Im Namen der heiligen Jungfrau, ich nehme sie an!“ antwortete ohne Bedenken der neu geschaffene Contrabandista.

Es genüge zur Bemerkung, daß der ehemalige Zollbeamte Martin Valio ein schätzbares Mitglied der Schleichhändler-Bande wurde und daß er in diesem Augenblicke an der Stelle seiner Hoheit des Antonio Pulf, der kürzlich an seinen alten Wunden und einem allzu übermäßigen Genuße von Aguardiente gestorben ist, die Bande als glücklicher Häuptling befehligt.


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_262.jpg&oldid=- (Version vom 5.12.2019)