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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

der Indianer mit dem, bei seinem Volke etwas Besonderes ankündigendem Ausrufe „Hugh!“ an unserm Feuer kauernd Platz nahm, so wurden wir doch auf der Zweck seines Besuchs gespannt. Mit alle der Würde und Ruhe, die dem Indianer eigen, saß unser rothhäutiger Freund vielleicht eine halbe Stunde schweigend da. Endlich wandte er sich, ohne jedoch eine Miene zu verziehen, in seiner Sprache mit einigen Worten an unsere amerikanischen Gefährten, die uns derselbe sofort fröhlich dahin übersetzte: „Hurrah, Kinder! die Büffel sind da!“

Von Schlaf war bei uns in dieser Nacht nicht viel die Rede, und das erste Grauen des Morgens fand uns bereits auf unsern kleinen Prairiepferden, dem Dorfe der Mandanen zureitend, mit denen gemeinschaftlich die große Jagd stattfinden sollte. Als sämmtliche Jäger vereinigt waren, eilten wir der Prairie zu, die sich unübersehbar vor unsern Blicken ausdehnte. Die Nacht suchte noch dem Tage sein Herrscherrecht streitig zu machen, als wir auf einer Hügelwelle in der Ebene Halt machten; einzelne Späher wurden von Zeit zu Zeit ausgesandt, und der Häuptling der Mandanen, als Führer der Jagd, traf dazwischen seine Anstalten, um durch Umzingelung der Buffelheerde die Jagd so ergiebig wie möglich zu machen. In vielen Fällen wird eine so angegriffene Heerde, die immer einige Hundert Köpfe zählt, fast buchstäblich vernichtet.

Nachdem nun alle Vorbereitungen getroffen und die über die grün wogende Prairie heraufsteigende Sonne uns in Entfernung von einer halben englischen Meile die friedlich grasende Heerde zeigte, noch nichts ahnend von dem Unheile, das sie bedrohte, wurde das Zeichen zum Beginn der Jagd gegeben. Eine Büffeljagd scheint für die Pferde eben so viel Anziehendes zu haben, wie für die Menschen, denn rasch wie der Blitz und mit vor Lust gespitzten Ohren flogen die kleinen Thiere über die Fläche dahin und trugen uns im Nu mitten unter die aufgeschreckte Heerde.

Rechts und links krachte nun in wildem Ritt schnell Schuß auf Schuß, und selten daß eine Kugel ihr Ziel verfehlte. Diejenigen Indianer, welche noch mit Pfeil und Bogen bewaffnet waren, bedienten sich derselben mit eben so tödtlicher Sicherheit. Es war mehr eine Schlacht als eine Jagd. Die geängstigten Thiere stoben bald hierhin, bald dorthin, überall Feinden begegnend, bei denen kein Erbarmen. In kurzer Zeit befand sich die Heerde in voller kreisförmiger Flucht, und wir, die Jäger, mitten darin, im Galopp ladend und feuernd. Bisweilen kehrten sich jedoch auch die geängstigten und durch Verwundungen wüthend gemachten Thiere, welche sonst schon beim bloßen Anblick eines Menschen fliehen, zum Widerstande gegen uns. Es waren dies verhängnißvolle Augenblicke.

Zwei an meiner Seite galoppirende Indianer hatten es mit mir zugleich auf einen kolossalen Stier abgesehen, der trotz der Schnelligkeit unserer Pferde fortwährend im Vorsprunge blieb. Endlich holten wir ihn ein; ich drückte das Gewehr ab und brachte dem Thiere den ersten Schuß bei. Der verwundete Büffel machte einen gewaltigen Satz zur Seite und kehrte sich im selben Augenblicke wüthend gegen uns. Eine blitzschnelle Wendung meines Pferdes rettete mich, der schnaubende Büffel schoß hart an mir vorüber; der eine Indianer, nunmehr dem ersten Anprall des gefährlichen Feindes ausgesetzt, hatte kaum noch Zeit sich mit seltener Geistesgegenwart von seinem Pferde ab auf einige neben ihm rennende Büffel zu schwingen und so im majestätischen Cäsarritt, wie er bisweilen in Kunstreitergesellschaften ausgeführt wird, fortzujagen. Das Pferd des Indianers sank aber unter den wuchtigen Stößen des grimmigen Stieres nieder, dessen große weiße Augen zornglühend rollten, während er dazu mit den schweren Hufen wild den Boden zerstampfte und die lange schwarzzottige Mähne sich borstig sträubte. Ein von dem andern Indianer abgeschossener Pfeil traf den Büffel ebenfalls noch nicht tödtlich, reizte ihn aber dafür desto mehr. Mit fast an die Erde streifendem Kopfe stürzte er auf seinen Angreifer los, der, noch ehe er sein Pferd wenden konnte, sich jählings uns dem Sattel gehoben sah und einige vierzig Fuß weit durch die Luft geschlendert wurde. Ein zweiter Schuß von mir fuhr jetzt dem in seiner Wuth entsetzlich anzusehenden Thiere in den Kopf; es riß die Augen noch weiter auf als vorher, wühlte stampfend den Boden auf, der unter seinen mächtigen Tritten zu zittern schien, schüttelte mit einem mächtigen Gebrüll die riesigen Glieder und sank dann verendend zusammen.

In solche einzelne Scenen und Gefechte löste sich von Zeit zu Zeit die gemeinsame Jagd auf. Immer wieder wurde aber der Widerstand der rasend gemachten Thiere gebrochen, gewöhnlich wenn die wüthendsten getödtet umherlagen, und dann kehrten die übrigen sich wieder zur Flucht und wir, die Jäger, wieder wie vorher hinterdrein. Die Prairie war schon weithin mit getödteten Thieren bedeckt, das Gras zerstampft und niedergeritten, doch immer noch hallte Schuß auf Schuß, die Zahl der Opfer mehrend. So ging es mehrere Stunden fort, bis wir endlich nur noch einen kleinen Rest der Heerde fliehend vor uns hatten.

Die meisten Indianer waren auf dem Terrain, wo eigentlich die Hauptjagd stattgefunden hatte, zurückgeblieben, um die erlegte Beute einzusammeln und fortzuschaffen; nur einige befanden sich noch bei uns zur Verfolgung der Büffel, bei welcher wir jedoch schon seit geraumer Zeit aus dem Prairielande in dürre Haide gerathen waren. Die gehetzten Büffel warfen hier unter den Schlägen ihrer kräftigen Hufe Sand, Staub und Steine in dichten Wolken auf, ohne vor uns, ihren rastlosen Verfolgern, zur Ruhe zu kommen.

Unsere Pferde waren in dem Jagdgetümmel meist alle mehr oder weniger verletzt worden, so daß die Verfolgung von ihrer anfänglichen Lebhaftigkeit etwas abgenommen hatte, dagegen wußten wir um so sicherer, daß uns die Büffel nicht entgehen konnten, indem sie sich auf ein Terrain begeben hatten, das, am Ende durch steile Abhänge nach einem kleinen Bache zu begrenzt, ihr Entweichen unmöglich machte. Selten setzte sich jetzt noch eins der fliehenden Thiere zur Wehre, allein nicht weniger rasend jagten sie vor uns her.

Schon gewahrten wir die Felsenplatten, wo ihre Flucht ein Ende nehmen mußte, schon machten wir

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_530.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)