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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

sich besprochen, nach deren Beendigung der Amtsschösser beauftragt wurde, die Gefangenen vorzuführen.

Mit einem Ausruf freudiger Ueberraschung eilte Antonio dem wackern Pfarrherrn entgegen, der ihn mit väterlichem Wohlwollen in die Arme schloß und ihn dann dem Grafen von Bünau vorstellte, welcher zum nicht geringen Staunen der anwesendem Gerichtspersonen und zum Schrecken des schwarzen Mattheus und Urban Fleck’s, welche Beide mit vorgeladen worden waren, sich auf das Freundlichste mit dem als Räuberhauptmann verdächtigten Fremden unterhielt und sodann die sofortige Freilassung sämmtlicher Gefangenen anbefahl; den bei dem nächtlichen Streifzug betheiligten Bürgern und Bauern aus Glashütte, Rückenhain und Dittersdorf nebst deren Anführern Mattheus und Fleck aber wurde angedeutet, daß sie wegen unbefugter, durch nichts gerechtfertigter Gefangennahme dieser unbescholtenen Fremdlinge, auf welche nicht der geringste Verdacht geheimer verbrecherischer Umtriebe zu bringen sei, die auf solche Gewaltstreiche gesetzlich stehende Strafe an Geld und Freiheit noch besonders zu erwarten hätten, sobald von den Gerichten die von den Fremden gegen sie anhängig gemachte Beschwerde genügend geprüft und für begründet gefunden worden sei.

Als nun bald darauf der Graf von Bünau sich entfernte, nachdem er nochmals freundlich von Antonio Abschied genommen, kehrte auch der Superintendent Schwerdtner nach Pirna zurück, von sämmtlichen, nun wieder auf freien Fuß gesetzten Gefährten des Antonio bis zur schwerfälligen Pfarrherrncarrosse begleitet, welche den wackern Dr. Schwerdtner wieder nach Pirna zurücktrug. Antonio aber eilte mit all’ seinem Freunden nach der Bärenmühle, deren Bewohner von der erfolgten Befreiung der Verhafteten durch vorausgesendete Boten schon unterrichtet worden waren.

Dort gab Antonio, nachdem er die ihm unter Freudenthränen entgegengeeilte Geliebte herzlich umarmt und geküßt und Agathen und dem Bärenmüller seine Freunde vorgestellt, diesen den Abschiedsschmaus, denn der Tag der Trennung war gekommen, und diese durch jenen Ueberfall um so bestimmter herbeigeführt. Als nun die Becher hell erklangen auf Antonio’s und Agathen’s Glück und Wohl, und Alle auch des Bärenmüllers unter lautem Jubelruf gedachten und ihm Glück wünschten zur Reise in die neue Heimath, da ließ es diesen nicht länger Ruhe und zu der fröhlichen Gesellschaft sich wendend, begann er:

„Nun aber, Ihr wunderlichen Leute, die Ihr selbst von Seiner hochgräflichen Gnaden, dem churfürstlichen Amtshauptmann von Bünau, unserm braven dicken Gutsherrn, in Schutz genommen worden seid gegen Eure und meine Widersacher, die Ihr nun hier zum letzten Male versammelt seid und dann Euch trennt, Jeder seines Weges nach der Heimath zusteuernd auf geheimen Wegen, wie ich wohl vernommen aus Eurem Geplauder, und Du vor Allem, mein Antonio, mein lieber theurer Sohn, nun dächt’ ich doch, wär’ es endlich an der Zeit, daß der alte Bärenmüller und Agathe auch erfahren, warum Ihr hier gehauset und wie die Kobolde in allen Schlupfwinkeln und Abgründen dieser Berge Euch herumgetrieben, und von denen Niemand erkundschaftet, was Ihr dort vor Euch gebracht; jetzt könnt Ihr uns doch wohl mit in das Geheimniß ziehen, um das der Hochwürdige Herr Superintendent Dr. Schwerdtner gewiß auch gewußt und dessen Ansehen und Machtwort Euch so schnell wieder in die freie Luft gesetzt hat?“

„Ja, heute sollt Ihr, Vater Bär, und auch Du, meine herzinnig geliebte Braut, dies erfahren,“ entgegnete ernst aber freundlich Antonio. „Seht,“ fuhr er nun fort, nachdem er die Gläser voll zu schenken befohlen, „ich und meine Freunde hier sind wohlhabender Eltern Söhne und trieben bis jetzt ein Geschäft, was den Wohlstand unserer Väter begründet, und was diese so geheim gehalten wie wir, die wir durch ein Gelübde gebunden, dasselbe nie eher an Uneingeweihete zu verrathen, als bis wir zum letzten Male diese Berge und Thäler verlassen sollten. Dies ist nun jetzt der Fall. Wir Alle kehren nicht wieder hierher zurück, theils weil das Geschäft von Jahr zu Jahr an Ausbeute weniger gegeben, theils weil Haß, Aberglaube und Habgier der hiesigen Bewohner uns nicht länger friedlich hier hätte verkehren lassen. Aber all’ unsern und unserer Eltern Wohlstand hat uns diese Gegend verschafft, die Steine Eurer Felsen und der Flußsand Eurer Gewässer!“

„Also doch richtig errathen!“ rief triumphierend der Bärenmüller. „Mit den Steinen in Eurem Ränzel – Ihr wißt doch noch, Antonio – hing das Geheimniß zusammen, nur begreife ich noch nicht, wie!“

„Vater,“ bat Agathe, „schweigt doch davon still.“

„Ihr habt recht,“ fuhr Antonio fort, ohne weiter auf die Hindeutung an jenen Abend einzugehen. „Aber wenn Euch dies noch nicht klar ist, so will ich es Euch jetzt begreiflich machen. In jenem rohen Gestein waren Edelsteine enthalten, die nach kunstvoller Ausscheidung und Schleifung uns theuer bezahlt wurden; in jenem leimigen Flußsand der Müglitz waren reine Goldkörner enthalten, die wir jedesmal, sobald die Frühlingsgewässer sich in Euren Bergen verlaufen hatten, dort reichlich vorfanden; aber wohl bald ausgespült mag nun die leicht zu Tage gelegene Goldader sein, denn nur wenig noch gab dies mühsame Suchen nach Gold in den letzten Jahren Ausbeute; was wir aber täglich in unsern Ränzeln gesammelt, das wurde bei Nacht in Kisten und Kasten gebracht und ging aus unserm geheimsten Versteck auf unscheinbaren Frachtkarren nach Teplitz und von da auf weiten Umwegen in die Schweiz. Gesichert aber waren wir und unsere Fuhrleute, die ebenfalls durch dies Geheimniß uns verbündete Freunde waren, durch gültige Dokumente und fürstliche Geleitscheine, und sichergestellt bei jeder Landesbehörde als Naturforscher gegen falschen Verdacht, denn als solche hatte der große Rath der Eidgenossenschaft uns in unsern Pässen ausgegeben. Dies ist das ganze Geheimniß.“

„Herr Gott im Himmel droben, hier uns auf der Nase Gold und Edelsteine! das hätte ich nimmer gedacht!“ rief staunend der Bärenmüller. „Nun wird mir freilich klar, warum Ihr Euch nimmer ausfragen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 563. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_571.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)