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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

ließet, denn wäre dies bekannt geworden, so hättet Ihr bald nichts mehr finden sollen.“

„Dies wäre den unwissenden Leuten wohl nicht so leicht geworden, denn auch dies Gold- und Edelsteinsuchen setzt tiefere Kenntniß voraus,“ bemerkte lächelnd Antonio.

„Aber wie bist Du so vertraut geworden mit dem Superintendenten zu Pirna, der wie ein Sohn Dich liebt und hochachtet?“ frug nun Agathe.

Dr. Schwerdtner erkrankte vor zehn Jahren auf der Heimreise nach Deutschland, aus Verona kommend in meiner Eltern Hause zu Lucarno, und genaß durch die sorgfältige und liebevolle Pflege, welche ihm von unserer Familie zu Theil ward, schneller als wir geglaubt. Meine damals noch lebenden Eltern zogen den so kenntnisreichen und verschwiegenen Mann nach mehrfacher Prüfung in ihr Geheimniß und baten ihn, mir, der ich das Jahr darauf zum ersten Male als Bube von vierzehn Jahren mit meinem ältern Bruder die Reise nach Deutschland machte, wo ich es nöthig hätte, seinen Schutz und seine Hülfe zu gewähren; und dies hat der edle Mann auch redlich gethan.“

„Also bist Du oft schon in hiesiger Gegend gewesen?“ frug neugierig Agathe.

„Hier früher nicht, sondern erst seit drei Jahren, aber wohl in Böhmen und im Fichtelgebirge,“ entgegnete Antonio. „Aber eben hier,“ fuhr er zärtlich fort und drückte Agathen liebeglühend an sein Herz, „hier habe ich Dich, den schönsten und seltensten Edelstein dieser Berge gefunden.“

„Und ich in Dir reines lauteres Gold!“ rief lieblich erröthend Agathe, seinen Kuß erwiedernd.

„Und nun zum Aufbruch, Freunde und Gefährten!“ sprach Antonio ernst und feierlich, sein Glas erhebend. „Auf glückliche Heimreise und freudiges baldiges Wiedersehen an den heitern Gestaden des Lago Maggiore!

Da klangen die Becher hell an einander, und Abschied nehmend in herzlicher Umarmung, tönte dem Brautpaar noch ein freudiges Hoch, dann griffen die Gefährten Antonio’s zu Ränzel und Wanderstab und verließen, von den Segenswünschen der Zurückbleibenden begleitet, die Mühle.

In Pirna aber segnete zwei Tage darauf der Superintendent Dr. Schwerdtner den Antonio Carelli, Bürger zu Lucarno im Canton Tessin, mit Agathe, der Tochter Gottlob Bär’s, Besitzer der Mühle bei Fürstenwalde, als Neuvermählte ein, und des andern Tages darauf fuhr ein leichter Planwagen vom Städtchen Lauenstein der böhmischen Grenze zu, in welchem Antonio, Agathe, der Müller nebst der alten Magd der neuen schönen Heimath zuzogen. Die Mühle aber übernahm käuflich von Gottlob Bär durch des wackern Gerichtsschösser Zapfe freundschaftliche Mitwirkung die Commun zu Fürstenwalde.


Noch lange Jahre erfreute sich der Bärenmüller des ungetrübten Glückes seiner Kinder, an den Superintendenten in Pirna aber und an den Amtsschösser zu Lauenstein gelangten nach Verlauf einiger Monate werthvolle Geschenke von freundlichen Bittschreiben begleitet, des Antonio und der frühern Bewohner der Bärenmühle auch in der Ferne wohlwollend zu gedenken. Dem Grafen Adolph von Bünau aber übersendete Antonio ein aus Müglitzgold kunstvoll gefertigtes Lamm zum Andenken, welches dieser dem Kurfürsten von Sachsen als Geschenk für das Dresdner Kunstkabinet überreichte.




Traum eines Lesers der Gartenlaube.


     Geehrter Herr Redacteur!

Erlauben Sie mir, Ihnen in wenigen Zeilen eine Erscheinung mitzutheilen, die Sie gewissermaßen hervorgerufen haben, und zwar durch die Gartenlanbe, deren eifrigster Leser ich bin.

Im traulich-warmen Bette, die dampfende Cigarre im Munde, hatte ich wieder das neueste Heft Ihrer Zeitschrift studirt und ließ nun, die feinen Wölkchen nach oben blasend, noch einmal den Inhalt des Gelesenen an mir vorübergleiten. Es war schon spät um Mitternacht und die sonst so belebte Straße todtenstill. Das Licht war verloschen; ich fühlte wie mein Auge allmälig schwerer und müder ward.

Da mit einem Male war mein Zimmer in eine hellerleuchtete Laube verwandelt, deren lebendige Seitenwände sich an der Decke schlossen. Erschrocken blickte ich umher. Mit jedem Augenblicke ward das Licht glänzender und traten die einzelnen Gegenstände deutlicher hervor. Plötzlich erscholl auf der linken Seite ein entsetzliches Klirren und Geschrei und als ich auffahrend meine Blicke dorthin wendete, sah ich, wie ein gewaltiger lebensmuthiger Bock unter einen Haufen dürrer Doctoren und dickbäuchiger Arzneiflaschen fuhr und Alles zu Boden stürzte, was sich ihm entgegenstellte. Entsetzt liefen vor diesem Anprall die Verwahrer der Tropfen und Mixturen davon, unter ihnen der unglückliche Eßlöffel, der, seinen „zweistündigen“ Dienst verlierend, die Hände vor Wuth und Verzweifelung über dem Kopfe zusammenschlug. Wohl richteten einige ergrimmte Medici ihre Geschosse nach dem Bock, aber ohne Erfolg, der tapfere Streiter brauchte seinen Kopf so wacker und räumte nach und nach so vollkommen auf, daß selbst die Kranken oben jubelten und der Tod ein verdrießliches Gesicht schneidend, sich langsam entfernte.

Ganz in der Nähe des Kampfes und wie mir schien, im Zusammenhange mit diesem, war eine Art Geschoß aufgestellt. War es Täuschung oder Wirklichkeit,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 564. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_572.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2020)