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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

die Ehre nehmen ließ, ihn als ihren Vertreter in die Deputirtenkammer zu senden. Kaum siebzehn Jahre alt, verließ Arago 1803 das Collège, um nach einem glänzenden Examen in die polytechnische Schule zu Paris einzutreten, von welcher aus er bald darauf dem Bureau der geographischen und astronomischen Längenmessungen am Observatorium als Sekretair zugetheilt wurde. Auf Empfehlung des berühmten Monge beauftragte ihn 1806 Napoleon, mit Biot und den spanischen Commissairen Chaix und Rodrigues, die von Mechain und Delambre begonnenen Arbeiten zur Messung eines Meridians fortzusetzen. Arago begab sich zu diesem Zwecke nach dem südlichen Spanien und legte mit dieser gewaltigen Arbeit, welche dem metrischen System zur Basis dient, den ersten Stein zu seinem Ruhme.

Dominik Franz Arago.

Der mittlerweile zwischen Frankreich und Spanien ausbrechende Krieg zog dem jungen Gelehrten eine Reihe mannigfacher Drangsale zu. Rings um ihn begann die Bevölkerung zu den Waffen zu greifen; er selbst wurde für einen Spion gehalten und mußte sich als Bauer verkleidet flüchten. Auf nichts weiter bedacht als auf die Rettung seiner Papiere und Instrumente, suchte er Schutz auf einem spanischen Schiffe, und läßt sich gern in die Citadelle von Belver bei Palma einsperren, nur um in Sicherheit seinen Arbeiten obliegen zu können. Von hier konnte sich Arago nach Algier begeben und bald darauf nach Marseille einschiffen. Das Fahrzeug, das ihn der Heimath zutrug, wurde jedoch unterwegs von einem spanischen Kaper genommen, und Arago auf die Pontons von Palamos gebracht, wo er die schwersten Arbeiten verrichten mußte. Der Verwendung des Dey’s von Algier verdankte er das Ende seiner Leiden. Wiederum schifft er sich nach Marseille ein, allein, unglücklich wie das erste Mal sieht er sich an die afrikanische Küste zurückgeworfen, kommt in Bugia an und muß, um Algier sicher erreichen zu können, den Weg dorthin als Beduine verkleidet machen. Nicht viel besser denn ein Sklave gehalten, verwendete der Dey den jungen französischen Gelehrten als Dolmetscher auf seinen Korsarenschiffen und erst den wiederholten Vorstellungen des französischen Consulats verdankte Arago 1809 seine Freiheit.

Bei seiner Rückkehr nach Frankreich fand der so hart Erprobte die gerechte Anerkennung für seine Arbeiten, seinen Muth und die überstandenen Beschwerden. Obwohl erst 23 Jahre alt, wurde er doch schon zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt und zum Professor an der polytechnischen Schule, deren warmer Vertheidiger er zu allen Zeiten war und wo er zwanzig Jahre lang lehrte. 1830 wurde er zum lebenslänglichen Sekretair der Akademie der Wissenschaften gewählt und bekleidete diesen hervorragenden Posten bis zu seinem Tode. Besonders war es das Observatorium, dessen er sich vorzugsweise annahm, und dabei mit allen bedeutendern auswärtigen Akademien Verbindungen anknüpfte. Alle gelehrten Gesellschaften der Welt rechneten es sich zur Ehre an, ihn zu ihren Mitgliedern zu zählen und mit allen Heroen der Wissenschaft stand er in innigstem Verkehr. Bei diesem unaufhörlichen Verkehr mit ihm mehr oder weniger ebenbürtigen Geistern, übersah er gleichwohl nicht, junge Talente zu ermuthigen, zu pflegen und zu beschützen, und die strebsame Jugend fand stets einen treuen Berather an ihm. Die Ergebnisse seiner Arbeiten hat Arago in einer Reihe von wissenschaftlichen Werken, Memoiren und Biographien berühmter Gelehrten niedergelegt, außerdem war es hauptsächlich das Jahrbuch des Bureau der Längenmessungen, das ihn literarisch beschäftigte und das er zu einem Werke von höchster

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_016.jpg&oldid=- (Version vom 19.4.2020)