Seite:Die Gartenlaube (1854) 106.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

gefunden, aber nie werde ich mich so weit erniedrigen, mit dieser – dieser Person an einem Tische zu sitzen.“

„„Person? Mit Mademoiselle Athalie?““

„Mit – mit – Ihrer“ – das Wort erstarb ihr in Scham und höchster Entrüstung.

„„Oho! Ich kann mir denken, was Sie wieder für ein Pröbchen von guter Erziehung geben wollen! Gemeiner Verdacht ist die Frucht einer gemeinen Seele. Doch jetzt hören Sie! Es beliebt mir nicht, von einem Chore dienstbarer Geister und Waschfrauen, angeführt von einer Frau, zur Zielscheibe ihrer Klatschereien gemacht zu werden. Athalie, die stets mehr war für mein Kind, als eine Stiefmutter, wird mit mir essen und Sie mit uns. Ohne Ausnahme.“

„Sie mag mit Ihnen essen, nie mit mir. Daß Sie die Vergiftung Ihres einzigen Kindes durch Ihre – durch diese Person nicht einsehen wollen und mir deshalb die Stiefmutter vorwerfen, kann nur eine Folge des getroffenen Gewissens, das nun den Verstand verwirrt, sein, sonst giebt es keine Erklärung für diese Behandlung eines weiblichen Wesens, auch wenn es Ihre Frau nicht wäre.“

„„Sie werden unbedingt mit uns essen!““ schrie jetzt der Lord außer sich vor Wuth und faßte grimmig ihren Arm.

Ellen wurde todtenblaß und wehrte sich nicht. Beide schwiegen eine Zeit lang. Endlich sagte Ellen schwach und wie sterbend: „Wenn mir auch nicht einmal mehr die Sicherheit vor körperlicher Verletzung von meinem edeln Beschützer bleibt, mögen Sie mich morden, wo nicht, so muß ich meiner Ehre wegen zu dem letzten schmachvollen Rettungsmittel einer Scheidung meine Zuflucht nehmen.“

Das traf. Er hatte ja das Vermögen noch nicht. Der äußerliche Anstand hatte erfordert, das Haus des alten Arden nicht so schnell zu überfallen, obgleich die Gläubiger des großen Lords bereits sehr ungeduldig wurden. Ellen begriff die Umwandlung, die in ihrem Herrn Gemahl vorging, in ihrer Unschuld nicht und so klang es ihr wie eine Art von Trost, als er ganz herzlich und reuevoll sprach: „Liebe Ellen verzeiht mir! Der Zorn kann einen Mann wohl auf einen Augenblick hinreißen, aber als Gentlemen weiß er sogleich darüber hinwegzukommen. Ich werde Deinen Verdacht, der, so grundlos er auch ist, Dich so quält und ungerecht macht, zu beseitigen wissen, bis dahin erfordert es allerdings Deine Ehre, Dich entfernt zu halten. Verzeihe mir! Erhole Dich! Wenn wir Beide ruhiger sind, wollen wir weiter darüber sprechen.“

(Schluß folgt.)




Das Modell-Haus für vorsündfluthliche Thiere

zum neuen Krystall-Palast bei London.


Der geologische Modellsaal.'

Die Leser dieser Blätter sind schon mehrmals in die „vorsündfluthliche Zeit“ der Erde geführt worden, wo unter ungeheuern Wäldern, Pflanzen und Sümpfen seltsame Ungeheuer mit einander Krieg führten, und der Mensch und das Pulver noch nicht erfunden waren. Der Mensch ist – wissenschaftlich erwiesen – das letzte Geschöpf in der ewig schaffenden Erde. Die Geologie spricht von einer sechzig Millionen Jahre umfassenden Geschichte derselben, die sie durchmachen mußte, ehe sie fähig wurde, Menschen hervorzubringen. Ohne uns weiter auf geologische Beweise einzulassen, welche eine reiche, genaue Naturwissenschaft überhaupt voraussetzen, bemerken wir nur, daß Ueberbleibsel von ausgestorbenen und noch lebenden Thiergattungen (von Affen, Elephanten u. s. w.) in allen geologischen Erdschichten gefunden wurden, nie aber menschliche Gebeine. Diese findet man blos in der letzten, neuesten, noch lebenden, (d. h. noch nicht geologisch und historisch gewordenen) Schicht. Weder in dem Thonlager, das sechshundert Geviertmeilen sich um die Rheinthäler ausdehnt, noch in dem Felsengestein von Norfolk in England, noch in der über dreihundert Fuß tiefen Thonschicht Londons, noch bis hinunter in die Kalkschichten – die zu den ältesten Häuten der Erde gehören, hat man je Spuren des Menschen gefunden. Und der berühmte Geologe Babbage weist scharfsinnig nach, daß selbst die Bildung der obersten geologischen Erdhäute Millionen von Jahren gebraucht habe. In Bezug auf das Alter der Erde ist das Menschengeschlecht noch nicht so alt wie ein

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_106.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)