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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Herzog Ernst von Koburg-Gotha.

belebt durch die blühende Farbe, durch zwei große braune Augen von sehr freundlichem Ausdruck und durch dunkelbraunes, dichtes Haar, welches in ziemlicher Länge glattgestrichen das Antlitz einfaßt. Intelligenz und Herzensgüte und ein lebendiges frisches Wesen waren bei der ersten Erscheinung des Fürsten zu erkennen.

Mit einer Freundlichkeit, so ungezwungen, wie man zu einem gleichstehenden Bekannten spricht, redete der Herzog mich an, und ich fühlte mich ihm gegenüber sehr bald frei und ungenirt. Ich legte meine Mappen auf, und der Herzog äußerte sich mit Einsicht über das, was in künstlerischer Beziehung an den Skizzen und Studien hervorzuheben war. Zuletzt, nach einer lebhaften Unterhaltung, hatte er die Güte, mich zu einem mehrtägigen Aufenthalte in Reinhardtsbrunn aufzufordern.

Seit jenem ersten Empfange habe ich öfter die Freude gehabt, seine Person, welche gegenwärtig so vielfach die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, zu sehen. Es war mir stets eine interessante Aufgabe, einen Fürsten aufmerksam zu beobachten, der einer jüngeren Generation angehörte, als ich selbst und der sich mir gegenüber in aller Unbefangenheit gab, wie er war.

Was mir zuerst am Wesen des Herzogs auffiel und mich zu interessanten Vergleichungen anstachelte, ist seine große Humanität. Es ist nicht die freundliche Artigkeit allein, welche bei Vornehmen nicht selten zu finden ist, auch nicht blos jene natürliche Herzlichkeit, welche den offenen Menschen von glücklicher Anlage so wohl steht, sondern noch etwas mehr. Ihm ist eigen eine lebhafte Freude an aller Tüchtigkeit, Selbstständigkeit, persönlichen Kraft, eine hohe Achtung vor jedem guten und schönen Streben, bei wem es sich auch finden mag. Ueberall, wo ihm Geist, ein

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_265.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)