Seite:Die Gartenlaube (1854) 303.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Romanen Englands und Frankreichs gegenüber treten laßt, der die außerordentlichste Wirkung nach allen Seiten der Gesellschaft hin ausübte und noch ausüben wird und der dem Verfasser als Dichter, Denker und Historiker, als Bürger, Patriot und Verfechter der höchsten und edelsten Interessen des Vaterlandes und der Menschheit einen Ehrenplatz anwies und erhalten wird. – Das ist das bisherige schriftstellerische Wirken Gutzkow’s, dem er jetzt noch die Führung der Zeitschrift: „Unterhaltungen am häuslichen Herd“ verknüpft hat. Die Zeitschrift ist für populäre Intelligenz berechnet und wirkt dafür nach allen Seiten hin poetisch, ästhetisch und künstlerisch, die Naturwissenschaft, den Staat, das Familien- und Bürgerleben sinnig anregend und einfach geschmackvoll in ihre Kreise ziehend.

Das äußere Schicksalsleben Gutzkow’s anbelangend, so erfahren wir zuerst aus seinem letzten Werke: „Aus der Knabenzeit,“ daß auch er aus dem Volke hervorgegangen, als Sohn eines Reitknechts eines preußischen Prinzen (am 17. März 1811) in Berlin geboren und der Bruder und Schwager von ehrbaren Handwerkern ist. Seine schon früh sich zeigenden Talente veranlaßten die Aeltern, den Knaben studiren zu lassen. In seiner Vaterstadt studirte er Theologie und Philosophie und gewann dabei schon den ersten Preis einer Concurenzarbeit. Mächtig ergriff ihn die Julirevolution; er warf sich nun lebhaft auf öffentliche Fragen der Zeit und seine ersten Journalarbeiten erregten in hohem Grade die Aufmerksamkeit des damals mächtigen Wolfgang Menzel, der ihn deshalb nach Stuttgart zog, wo er einige Zeit für das Literaturblatt und Morgenblatt arbeitete. Aber der Wissensdrang ließ ihn nicht ruhen; Theologie und Philosophie ließen ihn kalt und bereits mit der Doctorwürde beehrt, studirte er in Heidelberg und München Jurisprudenz und Staatswissenschaft. Im Jahre 1835 gründete er mit dem wackeren Duller in Frankfurt a. M. den „Phönix;“ gleichzeitig erschien seine „Wally,“ die ihn drei Monate nach Mannheim in’s Gefängniß brachte. Von da an hatten er und seine Schriften, so wie mannigfach von ihm versuchte Journalunternehmungen die heftigsten und oft vernichtende Verfolgungen zu erdulden. Diese trieben ihn denn zuletzt nach Hamburg, wo er den „Telegraph für Deutschland“ redigirte und damit auf die Höhe seines kritischen Rufes gelangte. Der Drang zur Bühne wurde aber immer mächtiger in ihm; so gab er sein Journal in andere Hände und widmete sich nur der Bühnenproduction. Seine glänzenden Erfolge darin verschafften ihm 1847 einen Ruf als Dramaturg für das Hoftheater zu Dresden. Als solcher wirkte er nun Schönes und Nützliches im Einrichten und Aufführen klassischer Stücke und in Förderung junger Talente. Indessen war seine Stellung doch nicht frei und selbstständig genug, daß er Alles das hätte ausführen können, was er wünschte, und so gab er denn dieses Wirken nach 21/2 Jahre wieder auf; in neuer Ehe und in neuem Schaffensdrange ein neues, ruhig schönes Leben beginnend, wie ich es Eingangs dieser Skizze anzudeuten versuchte. Direct an dem öffentlichen Leben des Jahres 1848 betheiligte sich Gutzkow nur mit einigen kleinen Schriften: „Ansprache an das Volk,“ ein Vermittelungsversuch in den Märztagen Berlins, und „Deutschland am Vorabend seines Falles und seiner Größe,“ eine Broschüre für das Frankfurter Parlament. Beide natürlich in liberalem Sinne.

A. S. 




Tom Wade und der graue Bär.
Aus Amerika.

Es war eine kalte Novembernacht, als wir, ein halbes Dutzend Jäger, in einem halb geschützten Lager um ein helles Feuer lagen und Jagd- und andere Abenteuer erzählten. Tom Wade, ein großer riesenhafter Mann, der stets sehr still und in sich gekehrt lebte, den man aber seiner Gutmüthigkeit wegen sehr schätzte, ward ebenfalls aufgefordert, Etwas aus seinem Leben zu erzählen. Er schüttelte anfangs mit dem Kopfe und wollte nichts davon wissen, endlich aber begann er doch:

„Es mögen wohl fünfzehn Jahre her sein, als eine Partie von uns, zehn an der Zahl, von Bonn’s Salzquell zu einer Büffeljagd in der Richtung nach Santa-Fè aufbrach. Wir hatten zwei oder drei gute Pferde, die Büffel zu jagen und ein Paar Packmaulesel bei uns. Wir hielten es nicht für nöthig, viel Lebensmittel mitzunehmen, da wir ja darauf rechnen konnten, Wildpret zu finden. Als wir indessen auf die große Straße kamen, hörten wir von den Händlern, daß es in diesem Jahre wenig Büffel gebe, und wir beschlossen daher, uns rechts zu wenden und den Missouri höher hinauf zu gehen. Wir setzten zuletzt bei Council Bluffs hinüber und zogen die Höhenfläche am Ufer entlang.

„Aus irgend einer Ursache war das Wildpret äußerst selten und je weiter wir gingen, desto mehr verlor es sich. Seitdem wir die Pflanzungen hinter uns gelassen hatten, schossen wir nur so viel, als zu unserm Unterhalt diente und wir besaßen kein Pfund im Vorrath. Da das Wetter aber schön war, beschlossen wir weiter vorwärts zu ziehen, bis wir die Büffelgegend erreicht hätten und jede Nacht waren wir daher weiter ab von den Pflanzungen und damit auch ferner von dem Wildpret. Zuletzt wurde es so selten, daß wir eine Nacht insgesammt in’s Lager kamen, ohne etwas geschossen zu haben. Nie werde ich diese Nacht vergessen, als wir uns um das Feuer setzten und Jeder zu berichten hatte, daß er auch keine einzige Kreatur gefunden habe. Wir fingen daher an zu glauben, daß wir in ein Pechland gerathen wären und besser daran thäten, umzukehren.

„Als aber Einer diesen Vorschlag machte, wurde er allgemein verhöhnt und ihm geantwortet, daß wir, da wir einmal so weit gegangen wären, nicht an Zurückgehen denken könnten. Was würden unsere Leute zu Hause wohl sagen, wenn sie hörten, daß wir einen Abend nichts zu essen gehabt hätten. Außerdem war es doch wahrscheinlich, daß wir morgen Wildpret finden würden. Irgendwo mußten doch Büffel in den Prairien sein und wir würden nur um so größeren Appetit darnach haben, wenn wir ein wenig gefastet hätten.

„Diese Gründe behielten das Uebergewicht und am nächsten Morgen brach unser Zug westwärts auf.

„Ich hatte einen prächtigen Hund, Namens Brutus mit mir genommen. Er war, ich sage Euch, das klügste und treueste Thier, das je dagewesen ist. Er war so an mich attachirt, wie nur ein Thier es einem menschlichen Wesen sein kann – und dabei war er muthig, schlau, wachsam und that Alles, was ich ihm hieß. Nie habe ich vorher oder nachher einen Hund so lieb gehabt, als ihn. Er war mein steter Begleiter. Sowie der Tag graute, war er auf, während der ganzen Jagd war er mir zur Seite oder jagte das Wild, das ich geschossen hatte, und Nachts schlief er mir zu Häupten und schützte mich vor Gefahren. Er war ein nobler Hund.

„Die Jagd am nächsten Tage war so unglücklich, wie die am Tage vorher. Es war kein Wildpret zu sehen. Ich hatte allein einen Prairiehund geschossen und brachte ihn mit, weil er doch besser war, als gar nichts. Nie werde ich die gierigen Blicke vergessen, mit denen meine Beute angesehen wurde. Er war nicht größer, als ein Fuchs. In einem Augenblick war er abgeledert, ausgeweidet und in zehn Stücke getheilt. Brutus bekam die Eingeweide und die Knochen. Ich habe hungrige Wölfe Fleisch verschlingen sehn, aber ihre Gier war nichts gegen die meiner hungrigen Gefährten. Ich mochte das Fleisch nicht und legte es daher zu Brutus Theil, aber der Hund nahm es nicht, so hungrig er auch war, er sah mich an und legte sich dann still nieder. Das Fleisch blieb liegen, ich streichelte ihn für sein edles Betragen und als ich wieder hinsah, war das Stück verschwunden.

„Jetzt wurde eifriger über die Rückkehr gesprochen, aber ein Umstand hatte diese erschwert. In unserm Jagdeifer hatten wir nicht an unsere Thiere gedacht und diese waren weit weggelaufen, um zu grasen. Die danach ausgesandt waren, sie zu suchen, hatten sie nicht gefunden, und es wurde daher nothwendig, weiter vorzugehen, um auf der Jagd zugleich unsere Pferde und Esel zu

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_303.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)