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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

kommt und entweder als Anstrichfarbe oder als Polirmittel für Stahlwaaren benutzt wird.

Das fertige Vitriolöl kommt in steinerne Krüge mit Schraubenstöpseln, in welchen es zu fernerer Verwendung versandt wird. Seine Hauptverwendung findet es bei der Indigfärberei, da gewöhnliche Schwefelsäure den Indigo nicht auflöst, überhaupt ein anderes eben so billiges Lösungsmittel für denselben nicht vorhanden ist.


Jagd- und Lebensbilder aus Amerika.
10. Der Cougar.

Der Cougar (Felis concolor) ist die einzige eingeborne langschwänzige Katzenart, die es in Amerika nördlich vom 30. Grade giebt. Die sogenannten wilden Katzen sind Luchse mit kurzen Schwänzen, von denen es drei Arten giebt. Das genus felis wird dagegen nur durch den Cougar repräsentirt.

Die amerikanischen Jäger nennen ihn Panther, in Südamerika und in Mexiko giebt man ihm dagegen den prahlenden Titel: „Löwe,“ und in Peruvia heißt er Puma. Die Naturforscher haben ihn „Concolor,“ einfarbig, genannt, weil er weder Streifen wie der Tiger, noch Flecke wie der Leopard, noch Rosetten wie der Jaguar hat, er ist vielmehr ganz gleichmäßig über den ganzen Leib lohfarben röthlich gefärbt, und nur die Bauchtheile und der Kopf sehen etwas heller aus. Er ist bei Weitem nicht so verhältnißmäßig gebaut, wie die andern Katzenarten. Sein Rücken ist lang und gebogen, und er trägt den Schweif nicht so graziös wie die Katzen es sonst thun, seine Füße sind kurz und stark, und er sieht plump und ungeschickt aus. Mit dem Schweif, der ein Dritttheil seines Maßes beträgt, ist seine höchste Länge sechs Fuß. Nichts an ihm erinnert an den Löwen, er gleicht vielmehr eher dem Panther oder dem Jaguar.

Sein Bereich ist sehr groß; man findet ihn von Paraguay bis zu den großen Seen Nordamerika’s. Glücklicher Weise begegnet man ihm indessen nicht allzu häufig, da er sich vor den Ansiedelungen der Menschen in die Gebirge und dichten Wälder flüchtet und auch dort einsam haust. Zeigt er sich irgendwo, so ist sogleich die ganze Umgegend auf den Beinen und macht Jagd auf ihn, wie auf einen tollen Hund. Er ist ein vorzüglicher Kletterer, denn er klimmt mit der Geschwindigkeit einer Katze mit den Klauen, nicht rutschend wie Bären und Opossums die Bäume hinan. Dort liegt er häufig auf einem geraden Zweig und lauert auf Beute, namentlich in der Nähe von Trinkplätzen; naht sich dann Elenn, Hirsch oder Reh, Antelope oder Büffel, so springt er mit gewaltigem Satz auf ihre Rücken, schlägt die Klauen in ihre Brust und zerfleischt ihren Hals. Erschreckt und von Todesangst gepeinigt, fliehen die armen Thiere davon und hoffen den schrecklichen Feind abschütteln zu können; vergebens, immer tiefer gräbt er sich in ihr Fleisch, immer gieriger saugt er ihr Blut, bis sie ermattet niedersinken.

Gewöhnlich heißt es, der Cougar sei feig, und es ist auch richtig, daß er sich vor dem Menschen scheut. Dies ist aber ebenso mit den Bären, Luchsen, Wölfen und selbst Alligatoren der Fall, seitdem sie den scharfen Ton der tödtlichen Büchse kennen gelernt haben. Ich habe aber auch von wilden Kämpfen der Cougars und Jaguare mit Menschen in Südamerika gehört, und in Peru, am östlichen Abhange der Andes-Kette, sind ganze Ansiedelungen aus Furcht vor diesen wilden Thieren verlassen worden.

Man jagt ihn mit Hunden, vor denen er entflieht, weil er weiß, daß die sichere Büchse des Jägers sie schützt, kommt ihm indessen einer derselben zu nahe, so genügt ein Tatzenschlag, den Hund niederzustrecken. Weiß er sich nicht mehr zu helfen, so erklimmt der Cougar einen Baum, hält sich dort auf einem Gabelzweig und lugt mit sich aufborstendem Haar und glühenden Augen sprungfertig hinab. Trifft ihn dann der Schuß und stürzt er nieder, so beginnt er noch einen furchtbaren Kampf mit den Hunden, welcher gewöhnlich noch mehreren derselben das Leben kostet. Er giebt ein Geheul von sich, das wie Cu-a klingt, daher der Name Cougar.

Ich hatte das Glück, einen Cougar erlegen zu helfen, als er sich uns auf der Taubenjagd näherte, um sich seinen Antheil an der Beute zu holen. Wir spürten ihn so glücklich, daß er nicht mehr Zeit hatte, uns zu entfliehen, und zwei gut gezielte Schüsse streckten ihn zu Boden. Wir zogen sein Fell ab, das natürlich eine stattliche Beute bildete.

Bei dieser Gelegenheit erzählte einer meiner Jagdgenossen ein merkwürdiges Begegniß mit einem Cougar, das ihm zu Theil geworden war.

„Ich hatte mich am Mississippi anbauen wollen,“ erzählte er, „aber meine Hütte zu nahe an dem Bereich der Fluth aufgeschlagen, und daher eines Nachts die Erfahrung zu machen, daß diese in mein Haus und bis an mein Bett drang, so daß ich nur noch eben Zeit hatte, meine nöthigsten Sachen und meine Büchse zu packen und mit ihnen zu meiner alten Mähre zu flüchten, die auch schon bis zum Bauch im Wasser stand. Da half natürlich kein Weilen mehr, und ich beschloß, durch das Wasser zu meinem nächsten Nachbar zu reiten, der zehn Meilen entfernt wohnte. Im Finstern verfehlte ich aber den Weg, der durch die Prairie ging, gerieth wieder in das Wasser hinein, und sah mich dort von dem Strome erfaßt und fortgerissen.

Eine Zeit lang hatte auch das keine Gefahr. Die Mähre schwamm und trug mich ganz gut. Als ich aber sah und fühlte, daß die Kräfte des guten alten Thieres nachließen, kam mir meine Lage doch bedenklich vor – und es schien mir am gerathensten, einen der im Flusse schwimmenden großen Baumstämme zu erklimmen und das Pferd seinem Schicksale zu überlassen, da es auf diese Weise leichter entkommen konnte, ich aber sicher war, mit dem Stamme irgendwo zu landen oder die Fluth abwarten zu können,

Dies that ich, und die Mähre schien mich eben nicht zu vermissen, denn sie schwamm ruhig weiter. Ich suchte den Stamm entlang zu gehen, fand aber, daß er schlüpfrig war, und zog es daher vor, mich an dem Ende desselben niederzusetzen. Dabei sank er wieder zu weit unter, und ich fand es zweckmäßiger, nach der Mitte zu rutschen. Als ich mich dort eben zurechtrichtete, sah ich, daß am andern Ende auch etwas heraufkletterte. Es war zwar ziemlich dunkel, aber so viel konnte ich doch sehen, daß es ein Thier war. Welcher Art, konnte ich zwar nicht sagen, aber wie mir schien, war es ein Bär oder ein Panther, und als ich genauer nach seinen Augen sah, fand ich, daß es ein Panther war. Das war keine angenehme Entdeckung, und die Nachbarschaft des Thieres war mir durchaus nicht lieb, muß ich sagen. Ich rückte daher bis an das andere Ende des Stammes und hielt dort mein Messer, meine einzige Waffe, bereit, denn meine Büchse hatte ich verloren, als ich von dem Pferde stieg. So schwammen wir wohl eine Stunde lang und saßen uns Auge im Auge gegenüber. Dem Panther schien indessen nicht wohler zu sein als mir, denn ab und zu stieß ein anderer Stamm an den unsern, und es machte dem Thiere offenbar mehr Mühe, das Gleichgewicht zu behalten als mir. Ich sah ihn dabei aber immer starr an, weil dies das beste Mittel war, seine auch auf mich gerichteten Glutaugen im Zaume zu halten.

In dieser Lage wartete ich darauf, daß der Strom uns einen Baum nahe triebe, dann wollte ich dessen Zweige ergreifen und auf ihm die Nacht abwarten. Plötzlich tauchte indessen eine kleine Insel vor meinen Augen auf, auf der, wie es mir vorkam, allerlei Strauchwerk stand. Dies änderte meinen Entschluß. Es war mir klar, daß ich nichts Besseres thun konnte, als den Baumstamm verlassen und nach der Insel schwimmen. Mochte dann der Panther seine Reise ohne mich fortsetzen. Als ich daher meinte, der Stamm sei nahe genug, glitt ich hinab und schwamm, hörte aber gleichzeitig ein Plumpen. Das verdammte Biest, der Panther, war auch in’s Wasser gesprungen und schwamm hinter mir her. Ich dachte zuerst, er hätte es auf mich abgesehen, und faßte daher mein Messer mit der einen Hand, während ich mit der andern schwamm. Aber der Panther dachte an keinen Kampf; er schwamm nur schlecht und schien sehr froh, daß er Land vor sich sah; so schwammen wir also dicht neben einander, ohne ein Wort zu wechseln.

Als ich der Insel näher gekommen war, hatte ich entdeckt,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_093.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)