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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

John Fremont.

Indem wir heute das in Nr. 35 versprochene authentische Portrait Fremont’s liefern (nach einem newyorker Original gefertigt), verweisen wir bezüglich des Abconterfeiten auf den ausführlichen Artikel der bezeichneten Nummer.




dies auch ohne Wirkung blieb, kam der Khan auf den pfiffigen Gedanken, daß der Doktor aus Bosheit das Gold seines Körpers vorher in seine Kleider habe ausschwitzen lassen. Er ließ also nun diese in kleine Stückchen zerschneiden (eben so die im Koffer aufgefundenen Bücher) und in den Mörtel mischen, von welchem er sich ein Haus bauen ließ. Als er uns diese Geschichte erzählte (denn Ferrier besuchte ihn auch, freilich nur unter dem Schutze eines mächtigen Empfehlungsschreibens), versicherte er, daß er mit Bestimmtheit hoffe, sein Haus werde sich mit der Zeit mit einer Schicht von Gold überziehen. Mit großer Freimüthigkeit fügte er hinzu, daß er glücklich sein würde, wenn er mit mir einen zweiten Versuch der Art machen könne.“

Unser Gast fühlte sich bei dieser Versicherung nicht sehr wohl und machte, daß er fortkam. Er reiste um den See Seistan herum und hatte dabei Gelegenheit, die Beludschen näher kennen zu lernen.

„Diese Nomaden führen ein Leben, wie die wilden Thiere und streifen eben so grausam durch die Wüsten ihres Landes. Gesetze, Arbeit, Handel, Unterordnung u. s. w. sind ihnen ganz unmöglich. Sie sind frei, wie das Vieh und stolzer auf ihre Verbrechen, wie wir auf Tugenden. Nur ein Gesetz kennen und halten sie eisern streng, das der Rache. Die Blutrache erbt sich, wenn nicht gestillt, durch ganze Geschlechter fort und bricht am Ende aus, wenn auch vorher scheinbar lange gesühnt durch einen Piir (Priester) oder gar durch Heirath. Nach Menschenaltern noch lauert einmal ein Erbe der Rache in einem Verstecke und schneidet dem Nachkommen eines alten Feindes lautlos und lächelnd den Hals durch, nachdem er vielleicht Jahrzehende lang vergebens, aber mit der größten Ausdauer gelauert hatte. Zwei Beludschen verschiedenen Stammes oder durch ein Blutrachegesetz „verbunden,“ haben bei der ersten Begegnung, wenn sie sich auch nie vorher sahen, einen merkwürdigen Instinkt, dies zu wittern. Sie sprechen nicht, verrathen keine Leidenschaft, sondern betrachten sich eine Zeit lang schweigend. Dann fallen sie plötzlich über einander her und beißen, zerreißen sich gegenseitig mit den Zähnen oder ersticken sich durch ruhiges, lautloses Eindrücken und Festhalten der Kehle. Einer bleibt allemal todt, sehr oft zerreißen sich Beide. Dabei hört man keinen einzigen Laut.“

„Die Beludschen nennen sich Muhamedaner, bekümmern sich aber nicht um den Koran, sondern haben ein eigenes, sinnloses, barbarisches Gemisch von Islam, Christenthum und Heidenthum als eigene Religion. Sie halten Mohamed für einen großen Propheten, aber über ihm steht Piir Kisri, der gleich nach dem höchsten Gott kommt. Sie schwören nur bei Piir Kisri, wenn sie ehrlich sprechen. Die Beludschen sind Tiger unter Menschen, feurig, leidenschaftlich, ungeheuer stark und von feiner, schöner Körperform, scharf und grausam in ihren Physiognomien, ohne Gefühl für Entbehrungen und deshalb von einer Ausdauer auf Märschen, die rein an’s Wunderbare grenzt. Wie das Kameel, laufen sie vierundzwanzig Stunden hinter einander unter ihrer brennenden Sonne, ohne einen Schluck Wasser oder irgend etwas Nahrung zu genießen. Für Wasser unter dem Boden haben sie dabei die feinste Witterung, und graben selten tiefer als drei Fuß, wenn sie es brauchen. Sie laufen in der Regel mit dem besten Pferde um die Wette, wenn’s darauf ankommt, halten’s aber länger aus, so daß schon oft ein Beludsche zwei bis drei Pferde hintereinander überdauerte. Aber diese unbändige Kraft bricht vor dem Geschrei eines Vogels, dem Anblick einer Schlange auf dem Wege oder einer Heerde Affen in zwei Abtheilungen. Bietet sich ihnen ein solcher Anblick, bringt sie, diese sinnlosen Sklaven des Aberglaubens, keine Macht der Erde mehr vorwärts. Sie bleiben liegen, bis die Sonne unter- und wieder aufgegangen ist, „um dem Schicksale Zeit zu lassen, seinen feindlichen Entschluß zu ändern.“ Ihre Hauptbeschäftigung ist Stehlen, doch rauben und plündern sie auch mit der wunderbarsten List und Kaltblütigkeit, so daß sie ihr Leben um der größten Kleinigkeit willen auf’s Spiel setzen. Auf ihren Dromedaren zu Zweien, Rücken gegen Rücken sitzend, um die Gegend stets nach beiden Seiten zu durchspähen,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 528. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_528.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)