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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

Die Berliner Feuerwehr.

Man erzählt sich in Berlin folgende charakteristische Anekdote, welche die Meinung des Volkes über das neue Institut der Berliner Feuerwehr am besten auszudrücken scheint. Ein Berliner Weißbier-Philister erwacht vor einiger Zeit um Mitternacht in seinem Bette von einem lauten Geräusche, das ihn im Schlafe stört. Erschrocken, weil er Diebe vermuthet, springt er von seinem Lager auf und blickt sich verstört um; da steht ein Feuermann vor ihm, der ihm höflich sagt:

„Entschuldigen Sie; es hat soeben bei Ihnen gebrannt und wir haben, während Sie schliefen, das Feuer gelöscht.“

Trotz aller Uebertreibung liegt doch eine gewisse Wahrheit dieser Geschichte zu Grunde. Ohne viel Geräusch wirkt die Berliner Feuerwehr Großes; sie ist überall mit Blitzesschnelligkeit zur Hand, wo Gefahr droht. Mit Nichtachtung des eigenen Lebens bändigt sie das entfesselte Element und wird der verzehrenden Flamme Herr und Meister. Wie manches Eigenthum, wie viele Menschenleben verdanken ihr allein die Rettung! Das ist nicht immer so in Berlin gewesen. Es gab eine Zeit, und das noch gar nicht lange her, wo das Löschwesen der Residenz sich in einem ziemlich argen Zustande befand. Jetzt braucht Berlin weder Hamburg, noch Paris nachzustehen, die es sogar in manchen wesentlichen Punkten übertrifft.

Berliner Feuerwehr.

Früher war ein Feuer in der Hauptstadt der Gegenstand des allgemeinen Schreckens, verbunden mit einem wüsten Lärm, mit großer Unordnung aller Art, mit Diebstählen und Verlusten an Gut und Blut. Die Löschmannschaft bestand aus alten, abgelebten Bürgern; das Feuersignal wurde von schläfrigen Nachtwächtern mit ohrzerreißenden Hörnern gegeben; die Bespannung der Spritzen war meist mangelhaft; viele Unberufene drängten sich hinzu und benutzten den vorhandenen Wirrwarr, um zu stehlen und allerlei Unfug zu treiben. Allen diesen Uebelständen hat die neuorganisirte Feuerwehr mit einem Male abgeholfen.

Diese segensreiche Schöpfung, deren Nothwendigkeit sich immer mehr herausstellte, verdankt dem verstorbenen General-Polizei-Director von Hinkeldey im Jahre 1851 ihr Leben. Gut Ding will Weile haben, und so schwebten auch die betreffenden Verhandlungen wegen des Kostenpunkts zwischen den Deputirten des Polizei-Präsidii und des Magistrats acht Jahre, bevor sie durch die Entscheidung des Ministeriums des Innern ihr Ende erreichten. Es wurde, außer der Bestreitung der ersten Einrichtungskosten, ein jährlicher Etat von 105,255 Thalern und 5 Silbergroschen genehmigt; allerdings eine bedeutende Summe, welche aber hinlänglich durch den erzielten Nutzen aufgewogen wird.

Nach der neuen Organisation besteht das Personal der Feuerwehr

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 600. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_600.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)