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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

Das Reh.
Wild-, Wald- und Waidmanns-Bilder Nr. 5.



sie gefragt, was sie habe. Da habe sie unter Jammer und Weinen gesagt, die Frau Mahler liege im Sterben. Mahler habe sie zu seinem Hause geführt; sie hätten sich vor das Fenster der Stube gestellt und draußen hören können, wie die Frau schrecklich gestöhnt habe, so daß sie es nicht lange mehr machen könne. Und nun habe Mahler ihr auch gesagt, daß seine Frau sterben müsse; sie sei ohnehin immer kränklich und es geschehe ihr eine Wohlthat damit, wenn sie von ihren ewigen Leiden erlöst würde, und sie Beide könnten desto eher heirathen; er könne es nicht mehr aushalten, bis sie seine Frau werde. Sie habe aber über diese Worte einen solchen Schreck bekommen, daß ihr die Kniee eingeknickt seien, und Mahler sie nach Hause beinahe habe tragen müssen. Früher habe Mahler zwar wohl zuweilen Redensarten geführt, als wenn er den Gedanken habe, seiner Frau Gift zu geben, aber sie, das Mädchen, habe das nie für seinen Ernst gehalten und auch immer gesagt, daß er es nicht thun solle und daß sie gern mit dem Heirathen warten wolle, bis die Frau eines natürlichen Todes sterbe. Das Mädchen habe sich gar nicht trösten können, und sie, Mutter und Tochter, hätten noch bis gegen zwei Uhr Morgens so beisammen gesessen, als es auf einmal an den Fensterladen geklopft habe und Mahler dagewesen sei und gesagt habe, um Mitternacht sei seine Frau gestorben. Er sei darauf gleich wieder gegangen.

Das waren die Mittheilungen der Frau; vielfach offen und aufrichtig, wenn auch sehr wahrscheinlich noch mit mannichfacher Zurückhaltung von Umständen, die auf die Schuld der Tochter Bezug hatten. Weitere Auskunft war aber von ihr nicht zu erhalten.

Ich suchte nach einem auch für Inquirenten goldenen Spruche, das Eisen zu schmieden, so lange es warm war. Allein vergeblich. Ich inquirirte den ganzen Tag bis wieder spät in den Abend hinein.

Aus dem alten Schmid war nichts herauszubekommen. Er versteckte sich hinter seine Gewohnheit, gern zu trinken, und schnell und früh betrunken zu werden. So wisse er von nichts was in seinem Hause passirt sei, und er könne daher nicht dafür aufkommen, was „seine Weibsleute im Hause trieben.“

Louise Schmid gestand zu, daß Mahler in der letztverflossenen Nacht, nach dem Ende der Verhöre, in dem Hause ihrer Eltern bei ihr gewesen, und daß er auch früher hin und wieder dagewesen sei, wo sie ihm dann etwas Gutes habe kochen müssen, was er zu Hause nicht bekommen habe. Sie habe das bisher aus Angst verschwiegen, was, wie sie jetzt einsehe, unrecht genug sei, und ihr Schaden bringen könne. Alles Andere bestritt sie unter stillem Weinen des sanften Leidens. Die Dirne war eben so zähe wie glatt.

Mahler war ein durch und durch kalter, fester Mensch, der keine einzige Stelle darbot, an der man ihn fassen konnte. Daß

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 441. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_441.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2018)