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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)


Die Bank selbst soll über 1000 Fuß breit und eine halbe Stunde lang sein und liegt etwa zwei Stunden von Helgoland, östlich von der Düne.

Wenn die Helgoländer für den Handel fischen, so werden die gefangenen Austern gemeinschaftlich verkauft und jeder Fischer erhält eine Art Tageslohn, der etwa 1 Thlr. 18 Sgr. beträgt, was für einen, der eine Slup besitzt und einige Sohne zur Hülle hat, einen guten Verdienst abgibt. Den helgoländer Austernreichthum entdeckte vor zehn bis zwölf Jahren ein helgoländer Fischer, der jedoch die Sache für sich behielt und im stillen fischte, bis Andere auch dahinter kamen.

Nachdem unsere Fischer ihre Kurre noch mehrere Mal in Thätigkeit gesetzt hatten, wobei das Fahrzeug stets auf der Bank hin und her segelte, drehten wir den Schiffschnabel nach der Insel, und traten unsern Heimweg an. Da wir aber den Wind entgegen hatten, so waren wir genöthigt, nach Art der Krebse zu gehen, die man Dwarsläufer nennt, eine Art Taschenkrebse, die stets von der Seite laufen. Wir mußten nämlich laviren. Die Insel, nach der wir wollten, blieb dabei rechts liegen, und unsere Schiffer segelten nach Kuxhaven zu. Als sie glaubten, die Südspitze der Düne gewonnen zu haben, sagte der Steuermann einige Worte, drehte dann plötzlich den Griff des Steuerruders ganz nach Backbord, d. h. links, und rief „ree!“ worauf einer die Fock, das vordere dreieckige Segel, an der Seite festhielt, wo es eben analog, während ein Anderer die Taue desselben in Bereitschaft hielt und uns zurief: „bücken, meine Herren!“ welche Erinnerung auch sehr zur Zeit kam, denn im nächsten Augenblick hätten uns die umschlagenden Segel die Hüte in die See gelegt. Auf diese Weise waren wir durch den Wind oder über Stag gegangen, und segelten nun gerade auf den Landungsplatz zu, den wir vor etwa vier Stunden verlassen hatten.

Die Schellfisch und Hummerfischerei wird in Helgoland mit denselben Fahrzeugen betrieben, nur daß man zum Hummerfang sich öfter kleiner Boote bedient, die nach dem dabei angewandten Instrument Plumperböt genannt werden. - Dieser Plumper ist ein starker eiserner Ring, unter dem ein Netz hängt, worin der Fraß für den Hummer liegt, der Ring wird an einer Leine auf den Meeresgrund gelassen und der Fischer, der dieselbe leicht zwischen den Fingern hält, fühlt augenblicklich, wenn etwas daran ist. Dann zieht er mit einem schnellen Ruck das Ding in die Hohe, damit der Hummer hineinfällt, und holt es nun so schnell wie möglich an Bord.

Ist Meister Hummer im Boot angelangt, so seht er sich sofort auf Schwanz und Hinterbeine, guckt den Schiffer sehr malitiös an, und greift mit seinen respectablen Scheeren rücksichtslos um sich, Wehe dann dem, was er erwischt. Ein Finger z. B. würde ihm nicht mehr Umstände machen, als uns ein Wiener Würstel. Man steckt ihm dann etwas in die Scheeren, was er grimmig festhält, während ihm der Schiffer dieselben mit Bindfaden festbindet, was auch in den großen Hummerkasten geschehen muß, die bei der Insel liegen, sonst nimmt dort die „Kneiperei“ überhand.

Eine andere Art des Hummerfanges besteht darin, daß man eine Art Vogelbauer anwendet. Diese sind von Reisen gebaut haben einen Boden von schweren Steinen und nach oben einen Eingang, um den ein Netz in der Art gespannt ist, daß der Krebs wohl leicht hinein, aber beinahe gar nicht heraus kann. Als Köder trocknet man die Köpfe von Dorsch und Schellfischen und macht sie darin fest, worauf das Instrument, mi einem kleinen Anker versehen, in die Tiefe gelassen wird. Eine Leine, an der ein Stück Holz oder eine Base befestigt ist, die oben schwimmt, zeigt den Ort an, wo der Hummerkorb liegt.

Der Fischfang wird meist mit Angel betrieben. Jedoch muß man nicht glauben, daß der Helgoländer etwa mit der Angelruthe da steht und wartet, bis einer kommt. - Die Haken sind an zwei bis drei Fuß langen Schnüren befestigt, welche in gewissen Entfernungen an eine schwache, etwa bleistiftstarke Leine gebunden werden. – Die Helgoländer Mädchen besorgen dann gewöhnlich das Anstecken des Köders, der in Sandwürmern oder kleinen Fischen besteht, worauf die Schnur sehr sorgfältig in eine hölzerne Mulde zusammengelegt wird, damit sich die Haken beim Auswerfen nicht verwickeln. Solche einzelne Schnuren werden viele an einander gebunden, auf welche Art die ganze Angel oft eine Länge von anderthalb bis zwei Stunden erreicht

Die erste Schnur wird an einen Anker befestigt, von dem eine Boje oben schwimmt, damit man, im Fall die Angel reißt oder ein Sturm die Fischer verjagt, die Geräthe wieder findet; man segelt das Fahrzeug so, daß Ebbe und Fluth quer durch die Angeln streicht; die letzte Schnur bindet man an den Anker der Slup, die dann liegen bleibt, bis der beim Fischen nie fehlende Grog oder Kaffee gekocht ist, worauf die Angeln mit einigen dabei gebräuchlichen Helgoländer Sprüchen aufgezogen werden.

E. R.





Wenn die Eier reif sind, werden sie auch befruchtet und als Laich, der eine weißliche Flüssigkeit bildet, ausgestoßen. Millionen von Eiern werden durch einen kleberigen Stoff, den das Thier in der Brunftzeit absondert, in eine kugelige Maste vereinigt, und heften sich an einem Orte fest, wo sie sich ungestört entwickeln können.

Man findet in älteren zoologischen Werken die Notiz, daß die Austern einen ruhigen Wasserstand lieben. Dies ist folgendermaßen zu verstehen. Die Austern kommen zwar in allen Meeren und an den verschiedensten Stellen vor; die größten Bänke aber sind in geringer Tiefe, ziemlich nahe an der Küste und vor allem in Buchten, welche vor starken Strömungen geschützt sind. Durch solche Strömungen wird nämlich der Laich der Austern, sowie er aus den Schalen derselben hervorgekommen ist, in's hohe Meer hinausgetrieben und bildet dann vielleicht an einem Orte, wo noch nie eine andere Auster gesessen hat, eine Bank. Wo aber ein ruhiger Wasserstand ist, bleibt aller Laich an den eigenen Austernbänken festkleben, so daß ein beständiges Nachwachsen dieser Bänke stattfindet. So erklärt es sich, warum z. B. die Austernbänke von Rocher de Cancale, am Ufer des Canals, zwischen St. Malo, Mont St. Michel und Cancale, trotz des enormen Verbrauchs, der hier seit 150 Jahren stattfindet, sich gar nicht vermindern. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts brachen die Engländer in der Absicht, künstliche Bänke an ihrer eigenen Küste anzulegen, so bedeutende Massen von Austern in der Bucht von Cancale, daß man sich ernstlichen Befürchtungen für diese Bänke hingab; der Verlust war jedoch in wenigen Jahren ersetzt, Über den genaueren Vorgang des Anwachsens der Austern und über die Lebensdauer der einzelnen Tiere weiß man sehr wenig. Die Fischer von St Malo glauben, daß die Austern durchschnittlich zehn Jahre leben. Altersschwache Austern erkennt man daran, daß die Schalen im Verhältniß zum Thiere sehr groß sind. Werden die Austern nicht gebrochen, so gehen sie auf eine eigenthümliche Weise zu Grunde. Indem beständig neuer Nachwuchs stattfindet, ersticken die Jungen die Alten, indem sie das Wasser von ihnen abhalten und sie verhindern, ihre Schalen zu öffnen. Daß wir Austern brechen, ist also, gewissermaßen ein Act der Humanität.

„Einige Arten von Austern leben in halb süßem, halb salzigem Wasser, in Flüssen nahe an deren Mündung in's Meer. aber immer nur so hoch, wie das Meerwasser mit der Fluth hinauf steigt, Bei der Ebbe bleiben die Thiere dann auf dem Trockenen sitzen. So wie sie fühlen, daß das Wasser sich zurückzieht, schießen sie ihre Schalen sehr fest und halten eine ziemlich beträchtliche Menge Flüssigkeit im Innern der Körperhöhle zurück. Dies befähigt sie, längere Zeit außer Wasser zu leben, so daß sie ziemlich weit transportiert werden können, ohne zu sterben - ein Umstand, der den Austernhandel sehr erleichtert.

„Die Austern haben keine Spur von einem Fuß, Ortsveränderungen ist ihnen nicht gestattet und ihre willkürlichen Bewegungen beschränken sich ausschließlich auf Oeffnen und Schließen der Schalen Für gewöhnlich klaffen die Schalen, um dem Wasser und mit ihm den Nahrungsstoffen freien Zutritt zu gestatten. Die Nahrung der Austern wie aller Muscheln besteht ausschließlich aus Infusorien und kleinen organischen Theilchen, welche in halbaufgelösten Zustande in erstaunlicher Menge im Meerwasser suspendirt sind. Nicht selten findet man beim Oeffnen der Schalen Krebse, Schnecken und andere kleine Thiere zwischen den Schalen angeklemmt. Dies ist rein zufällig; es kommen nämlich hin und wieder solche Thiere in den Bereich der Auster, rühren vielleicht an die Fühler und veranlassen dadurch sofortiges Schließen der Schalen; aber nie werden sie von den Austern gefressen. Wiewohl ihre Mundöffnung groß ist, erlauben doch die weichen Ränder und Fühler des Mundes nicht, daß nur etwas consistente Nahrungsstoffe durchpassieren. In der That stoßen auch die Zähne der Gourmands niemals auf harte Stoffe im Leibe der Auster, wenn es nicht etwa eine unechte Perle ist, die sich zufällig im Mantel der Auster gebildet, und woran sich allerdings schon mancher die Zähne ausgebissen hat. Um solchen Unannehmlichkeiten vorzubeugen, ist es daher besser, die Auster auf einmal zu verschlucken,

als sie zu kauen. Die Austern kommen nicht unmittelbar aus dem Meere
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_450.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)