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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

gedachte. Unterwegs hielt er sich noch einige Tage bei Bekannten und Freunden in Schlesien auf. Wohin er kam, fand er die wärmste und liebevollste Aufnahme; seine Kriegslieder hatten seinen Namen schnell berühmt gemacht, weit berühmter, als seine Dramen; sie lebten im Munde des Volkes. Wo er einem Trupp junger Rekruten, welche zu den Fahnen eilten, begegnete, wo er mit Patrioten zusammentraf, wurden sie ihm entgegengesungen. Er selbst hatte keine Ahnung gehabt von ihrer Verbreitung und der Wirkung dieser Schlachtengesänge. Es war nicht Eitelkeit, was ihn bei dieser Gelegenheit ergriff, sondern das Bewußtsein, auch seinerseits den Geist der Nation zur That geweckt zu haben.

Das machte ihn so froh, wie er schon lange nicht gewesen. Darum bedauerte er auch nicht, daß er die wohlgemeinten Anerbietungen der Herzogin zurückgewiesen.

„Gott hat mir,“ sagte er sich selber, „die Leyer und das Schwert gegeben, ich will sie Beide nach meinen Kräften gebrauchen. Mögen Andere auf einem anderen Boden wirken; ich habe mein Theil vom Himmel erhalten und bin damit zufrieden.“



Auf einer zerbrochenen Hängebrücke.

VIII.

Bei Aufkündigung des Waffenstillstandes stand die Lützow’sche Freischaar nebst der russisch-deutschen, so wie der hanseatischen Legion und einigen englischen Hülfstruppen unter General von Wallmoden auf dem rechten Elbufer oberhalb Hamburg. Körner’s Ankunft wurde im ganzen Lager wie ein glückliches Ereigniß gefeiert.

„Hol’ mir der Teufel,“ schrie der alte Rittmeister Fischer mit dem langen Barte. „Unser Poete ist wieder da. Ich hab’ schon geglaubt, daß ihn der Henker geholt hat. Nun wird man doch wieder ein vernünftiges Lied hören.“

Die alten Waffengenossen umringten ihn und Friesen schloß den Freund mit inniger Herzlichkeit in seine Arme.

„Das ist brav von Dir,“ sagte er, „daß Du gekommen bist. Wir hielten Dich schon für verloren. Wir müssen Deine glückliche Wiederkehr feiern.“

„Das wollen wir,“ bekräftigten die Uebrigen.

Schnell wurde der Feldkessel herbeigeschleppt und darunter ein tüchtiges Feuer angezündet. Die Marketenderin Gustel von Blasewitz lieferte mehrere Flaschen Wein und Rum, die zu einem trefflichen Punsch gemischt wurden. Bald dampfte das liebliche Getränk in den Gläsern.

„Auf das Wohl des Freundes!“ rief der ehrliche Friesen, „er lebe hoch!“

„Er lebe hoch!“ wiederholte der fröhliche Chor mit klirrenden Gläsern.

„Auf einen frischen Kampf und einen seligen Reitertod!“ stieß Körner an. Alle erhoben sich und tranken ihre Gläser aus.

„Jetzt aber,“ mahnte Friesen, „mußt Du uns erzählen, wie es Dir ergangen und wie Du gerettet worden bist.“

Gern erfüllte Theodor den Wunsch der Freunde, und berichtete seine Abenteuer, worauf auch die Cameraden ihre Erlebnisse zum Besten gaben. Eine Geschichte knüpfte sich an die andere, ein Abenteuer an das andere. Die Thaten der kleinen Heldenschaar boten einen reichen Stoff, werth, der Vergessenheit entrissen zu werden. – Als der Major Lützow sein Pferd im Kampfe verloren hatte und in Gefahr stand, gefangen zu werden, bahnten sich seine Getreuen den Weg zu ihm, und hieben ihn wieder aus dem dichtesten Gedränge der Feinde heraus. Der Husar Gebhard stieg von seinem Pferde, und bat den Führer inständigst, sich desselben zu bedienen, indem er statt seiner sich zum Gefangenen machen ließ. Doch das war nicht der einzige Beweis von edler Selbstaufopferung. Der tapfere Friesen kämpfte wie ein Löwe gegen eine ganze Schaar und schlug sich heldenmüthig durch. Da erblickte er in seiner Nähe einen verwundeten Cameraden; mit Riesenkraft hob er ihn vom Boden auf und trug ihn auf seinen Armen in Sicherheit, während er unablässig verfolgt wurde und sein Leben bedroht war.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 553. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_553.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)