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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

und im Jahr 1833 auch wirklich auf der Burg in Nürnberg zusammenberief, scheiterte in der Folge, und es vergingen viele Jahre, ohne daß sich die gegründete Gesellschaft so entwickelt hatte, wie es zu wünschen war. Auch auf der allgemeinen Germanistenversammlung zu Frankfurt am Main regte Freiherr von Aufsess im Jahre 1846 abermals die Idee zu einem deutschen Museum an, ohne jedoch auch diesmal seine Wünsche verwirklicht zu sehen. Fanden auch hier, wie im folgenden Jahre auf der Germanistenversammlung zu Lübeck, seine weitgreifenden, in einer gediegenen Denkschrift entwickelten Pläne die Zustimmung vieler Koryphäen der Wissenschaft, so mußte er doch zugleich die Ueberzeugung gewinnen, daß eine Durchführung seiner Idee noch nicht zu ermöglichen sei, vielmehr eine Verschiebung derselben für spätere Zeit rathsam erscheine.

Innerer Hof des Karthäuserklosters in Nürnberg.
Kreuzgänge und Kirche.

Und in der That, der Scharfblick des Freiherr von Aufsess hatte die Verhältnisse richtig erkannt. Der zugleich sehr praktische Mann der Wissenschaft hatte nicht vergebens gehofft, in der Zukunft das schaffen zu können, wofür sich die Gegenwart noch nicht empfänglich genug zeigte. Erst sechs Jahre später, auf der Versammlung der Alterthums- und Geschichtsforscher zu Dresden, drang er mit seinen Vorschlägen durch, und unter dem Vorsitz des jetzigen Königs von Sachsen, damaligen Prinzen Johann, wurde die Gründung des germanischen National-Museums beschlossen.

Erschien auch diese Gründung in vieler Hinsicht höchst schwierig, da sowohl ein fester Sitz, wie auch ein Betriebscapital fehlte, so hielt man doch die Realisirung der schönen Idee keineswegs für ein Ding der Unmöglichkeit, denn die in Dresden tagenden Männer der Wissenschaft waren sich bewußt, daß bei den mächtigen Fortschritten unseres Jahrhunderts auf dem Gebiete der Wissenschaft, Kunst und Industrie endlich auch die Schätze der nationalen Denkmale deutscher Vorzeit der Vergessenheit entrissen und zum geistigen und materiellen Nutzen der Gegenwart ausgebeutet werden müßten. Man fühlte allgemein das Bedürfniß, jene Quellen der Vorzeit, nach welchen bisher nur von wenig einzelnen hochgelehrten Männern geforscht worden war, mehr zu einem Gemeingut der deutschen Nation zu machen, und dem Mangel einer deutschen Sitten- und Culturgeschichte, sowie der Unkenntniß des socialen Lebens der Vergangenheit abzuhelfen.

Der Plan, den Freiherr von Aufsess seit Jahrzehnten mit Energie und Begeisterung verfolgt, den er als einzeln stehender Mann bereits zu einem schönen Gebilde gestaltet hatte, er durfte nicht aufgegeben werden. Im Vertrauen auf die deutschen Gelehrten, auf die Regierungen und auf das ganze deutsche Volk konnte man um so mehr ein Gelingen der großen Sache erwarten, als in der Person von Aufsess ein Mann an der Spitze des Unternehmens stand, der bereits Beweise von aufopferndem Gemeinsinn gegeben hatte und aufrichtig darnach trachtete, eine Anstalt in’s Leben zu rufen, wodurch der deutschen Nation nach und nach ein treues Bild der Entwicklung ihres Volksgeistes gegeben werden könne.

Wie Nürnberg einst die Bewahrerin der deutschen Reichskleinodien gewesen war, so sollte es durch seine Wahl zum Sitz des germanischen Museums gleichsam die Bewahrerin jener Kleinodien

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_037.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)