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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

BuusKeerl un Sandmann

Dat Spinnweel schnürt, de Moder spinnt,
Bi’t Füür spoölt still hör lüttje Kind.
Dat Füür brannt hell, hell schient dat Lücht,
De Rook stiegt up, de Funke flügt.

5
Dat Kind slöpt in, de Sandmann kummt –

Acht Ühr de olle Thoornklock brummt.
„Buuskeerl geit um, mien sötet Kind!
Man gau to Bedd’, ehr he di findt.“
Dat Kind waakt up, riwt d’Oogen unt:

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„Is, Moder, he denn all dar buut?“ –

„Hörst neet, dat Nabers Jann all reert?“ –
„Hett he denn all?“ fragt’t Kind verfährt. –
„Kumm gau, hier is dien Avendbrod;
Ick treck di uut, dann hest gien Noth.

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Nu foll dien Hand’ un bed’ dien Christ,

Dann legg’ ick di in’t warme Nüst!“ –
Dat Spinnweel schnürt, de Moder spinnt
Un is vergnögt, warm slöpt hör Kind.[1]
 C. Tannen.

Erläuterungen.

Sandmann, wenn die Kinder schläfrig die Augen reiben, so heißt es der Sandmann komme und streue ihnen Sand in die Augen. – Buuskeerl, ein Kobold, Ungeheuer, um die Kinder damit zu schrecken, eine vermummte Person. – Spinnweel, Spinnrad. – Bi’t Füür, bei dem Feuer. – hör, ihr. – lüttje. klein. – Rook, Rauch. – Ühr, Uhr. – old, alt. – sötet, süßes. – Man gau to Bedd, ehr he di findt, Nur schnell zu Bett, ehe er dich findet. – dar buut, draußen. – Naber, Nachbar. – Jann, Johann. – all, schon. – reeren, weinen. – verfährt, erschreckt. – Ick treck di uut, ich ziehe dich aus. – gien, kein, keine. – foll, falte. – Nüst, Nest, Lager, Bett.




Skizzen und Naturbilder aus Mittel- und Südliefland.
Nr. 1. Fischerei.
(Schluß.)

Die Hauptbewohner der Seen sind Hechte, Barse, Karauschen, Rothaugen, Schleien, Rebse und Brachsen. Der geschätzteste ist der Brachsen; er ist dem Karpfen sehr ähnlich, breit, kurz und platt, graurosa an den Seiten, auf dem Rücken braungrau gefärbt, wird mitunter 25 Pfund schwer und hat ein höchst wohlschmeckendes, zartes, festes Fleisch. Er ist sehr scheu und hält sich in großen Schaaren gesellig lebend auf dem Grunde der Seen verborgen. Wegen der Tiefe der letzteren ist er nicht anders, als mit sehr großen Netzen zu erlangen, da kleinere nicht bis auf den Grund reichen würden.

Um Aussicht auf einen ergibigen Fang zu haben, muß man sich eines Netzes von 1200 bis 2000 Fuß Länge bedienen, das viel Aehnlichkeit mit den großen Netzen der Meerfischer hat. Abgesehen von den Kosten, welche das Anschaffen eines solchen Apparates mit sich bringen würde, gehörte auch viel Uebung dazu, ihn zu handhaben; die Gutsbesitzer lassen daher die größere Fischerei selten von ihren eigenen Leuten ausüben, da es sich der Mühe kaum verlohnte, so viel Auslagen und Zeitverlust an einen zweifelhaften Erfolg zu ungeübter Fischer zu verwenden, welche mit Handnetzen ohnedies genug Fische für den gewöhnlichen Hausbedarf herbeischaffen. Für die große Fischerei traf man Verabredung mit Gesellschaften russischer Fischer, welche auf den ungeheueren russischen Seen Jahr aus Jahr ein ihr Gewerbe betreiben. Eine solche Gesellschaft zieht jetzt von Gut zu Gut, von See zu See, um für einen gewissen Antheil am Ertrage mit ihren eigenen Netzen

zu arbeiten, und zwar stets im Winter, weil sie alsdann mehr

  1. Als Probe aus den plattdeutschen Gedichten von C. Tannen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 441. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_441.jpg&oldid=- (Version vom 5.8.2023)