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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Segne, die ringen und muthig sich schwingen!
Ringende Geister und Herzen mit Schwingen!
Segne das Spiel und den friedlichen Schuß,
Blitzende Sonne des Julius!

Doch wenn die alten, die finstern Gewalten
Kommen, hier oben im Lichte zu walten –
Treffer im Himmel, zu unserm Heil
Lenke die Kugel, wie einst den Pfeil!

Am Dienstag den 12. Abends mit dem Glockenschlag acht fiel der letzte Schuß des diesjährigen eidgenössischen Schützenfestes.

Am folgenden Tage wurden die Preise vertheilt. Die Feierlichkeit fand am Gabentempel statt, Der Präsident Dubs eröffnete sie: „Wir sind zum Schlußacte gelangt, und schreiten zur Vertheilung der Ehrengaben an die besten Schützen, die sowohl ihre Kunst wie das Glück begünstigt hat. Wir haben eine Menge liebe Erinnerungen an dieser Stätte, wir befinden uns jetzt gleichsam wie im Kreis der Familie; aber der Act, der noch folgt, soll doch hoffentlich einem jeden Schützen zum Sporn dienen, die Waffe zu pflegen und zu üben. Ich bin überzeugt, daß alle die Schützen, die die Mitte der Scheibe getroffen, auch die Brust des Feindes treffen werden, wenn Tage der Noth und Gefahr kommen sollten.“ Den ersten Preis, die silberne Schale von Paris mit 2500 Franken, hat ein Fabrikant, Durrer aus Unterwalden, gewonnen; das prachtvolle Trinkhorn von Leipzig ein Landwirth Glogg von Obermeilen am Zürichersee; die zwölf herrlichen Römer von Bremen gemeinschaftlich der Privatdocent Dr. Hug (Mathematiker) an der Universität Zürich und der berühmteste Schweizer Schütze Bär von Männedorf, gleichfalls am Zürichersee. Derselbe Bär hatte auch die meisten Nummern geschossen, 487; nach ihm hatte die meisten Jacob Sturzenocker aus Trogen (in Appenzell-Außerrhoden), nämlich 388. –

Das Fest schloß spät am gestrigen Abend mit einem Ständchen, das Schützen dem Präsidenten des Festes, dem Regierungspräsidenten Dubs, vor seiner einfachen stillen Wohnung brachten. Es war ein herzlicher Dank dem braven Manne. Die Harmonie hatte das Fest eingeleitet, sie hatte es begleitet, sie schloß es. Wie keine Wolke am Himmel das Fest trübte, so trübte es auch kein Exceß, keine Rohheit; man sah aber auch keinen Gensd’armen und keinen Polizeidiener.

Das Fest war vorbei. In der Straße war es still. An dem klaren Nachthimmel glänzten seine Millionen Sterne.

„Es ist Friede!“

Da brüllte – wir standen an einer jener Buden mit den wilden Thieren – da brüllte plötzlich neben uns wild und rauh ein afrikanischer Löwe; ein Tiger antwortete ihm rauher; ein Schakal bellte heiser dazwischen. Sie brüllten und heulten und bellten in die dunkle Nacht und in den neuen Frieden hinein, Alle die wilden, fremden Bestien!

Oben aber funkelten und glänzten alle die Millionen Sterne am Himmel, und über den Sternen thront der Gott der Völker.




Reise-Erinnerungen.
II. Der Oybin.
(Mit Abbildungen.)

Innere Ansicht der Kirchenruine.

Viele Leser der Gartenlaube haben wohl schon öfters den Namen „Oybin“ nennen hören, sehr Wenige aber ihn selbst besucht. Und doch gehört der „Oybin“ zu einem der interessantesten und amnuthigsten Aussichtspunkte, die unser schönes Vaterland besitzt, und ist mehr als viele anderen lautausposaunten Ruinen und Bergpartien des Besuches werth.

Aeußere Ansicht der Kirchenruine beim Ausgang des Kreuzganges.

Der Oybin, ein Bergfelsen im südlichsten Theile der sächsischen Oberlausitz, zwei kleine Stündchen von Zittau, ist schon seiner Formation nach ein Naturwunder und wird noch interessanter durch seine prachtvollen Ruinen, die seinen Kegel schmücken. In einem amphitheatralisch von höhern felsigen Bergen eingeschlossenen Thale erhebt sich von drei Seiten ganz freistehend, auf der vierten nur durch einen schmalen Rücken mit dem nahen Gebirge verbunden, dieser Felsen in glockenartiger oder kolbiger Kegelgestalt 1697 Fuß über die Meeresfläche, zusammengethürmt aus ungeheuren Sandsteinmassen, theils zackig, theils abgerundet und mit Nadelholz schattirt. Südwestlich sind die verschiedenen Terrassen durch Treppen in mancherlei Biegungen zugänglich, und von der Gipfelebene, zu welcher zuletzt wieder eine ziemlich hohe Treppe führt,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_477.jpg&oldid=- (Version vom 15.8.2023)