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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Die Folter in den amerikanischen Staatsgefängnissen.

Wenn man von Mißhandlungen Gefangener und haarsträubenden Grausamkeiten gegen solche Unglückliche hört, denkt man gewöhnlich an China, an Japan, an Neapel etc., und Keiner wird es für möglich halten, daß im freiesten Lande auf Erden, in den Vereinigten Staaten Amerika’s, Scheußlichkeiten gleicher Art vorkommen könnten. Und doch kommen Dinge dort vor, wie man sie gräßlicher schwerlich anderswo findet.

Untersuchungen haben dargethan, daß in den Vereinigten Staaten die Insassen von Armenhäusern und andern milden Anstalten hungern müssen, daß man Männer und Frauen, Kinder und Greise rücksichtslos zusammensperrt und zwar eine große Anzahl in beschränkten Räumen; ja daß häufig schon arme Blödsinnige in den Häusern, in welchen man sie untergebracht hatte, halb verhungert und endlich erfroren sind.

Das Sturzbad.

Das Resultat dieser Untersuchungen gab Veranlassung, auch die Staatsgefängnisse einer ernsten Prüfung zu unterwerfen. Dabei kamen fast unglaubliche Thatsachen an das Licht der Oeffentlichkeit. So wurde am 2. December vorigen Jahres in dem Staatsgefängnisse zu Auburn ein Gefangener von Gefängnißbeamten durch kalte Sturzbäder getödtet. Er hieß More und war ein Neger, der sich zu Drohungen gegen die Gefängnißaufseher hatte hinreißen lassen und durch dieselben zur Züchtigung unter das Sturzbad gebracht wurde. Vor diesem fürchtete er sich gewaltig, denn alle Neger scheuen die Kälte fast mehr, als andere Leute das Feuer. Er wußte überdies, daß das Wasser eiskalt sein würde, er bat deshalb flehentlich um Schonung und Erbarmen und als dies nichts half, riß er sich los und entfloh – in die Werkstätte, wo er gewöhnlich arbeitete. Hier wurde er aber sofort wieder ergriffen und dann mit Gewalt unter das Sturzbad gebracht, in dem man alles da vorräthige Wasser, etwa fünf große Fässer voll, trotz seines Jammergeschrei’s über ihn ergoß. Als man ihn endlich losließ, brach er zusammen. Man trug ihn in seine Zelle, und fünf Minuten darauf starb er.

Der Gebrauch des kalten Sturzbades als Zwangsmittel und Folter für widerspenstige Gefangene ist seit 1845 in den amerikanischen Strafanstalten allgemein. In jenem Jahre erhielt nämlich ein Sträfling auf Anordnung des Gefängnißdirectors Peitschenhiebe und er starb unter denselben. Das Publikum, dem der Fall nicht unbekannt bleiben konnte, erhob einen Schrei des zornigsten Unwillens, die Peitschenstrafe mußte in Folge davon abgeschafft werden, und da man ein anderes Zwangs- und Züchtigungsmittel nicht entbehren zu können glaubte, führte man als solches das kalte Sturzbad ein.

Die Anwendung desselben ist in den verschiedenen Gefängnissen verschieden. In einigen erhält der Gefangene dasselbe im Stehen. In andern, wie z. B. in Auburn, wird er auf einen Stuhl so gesetzt, daß er weder die Füße, noch die Arme, noch den Kopf bewegen kann. Macht er dabei den Mund nicht recht fest zu und hält er ihn und die Nase nicht in gewisser Höhe, so strömt ihm das Wasser hinein und er ertrinkt.

Selbstverständlich ist die Anwendung des Sturzbades als Strafe je nach dem Charakter des Opfers und nach der Jahreszeit verschieden. Im Sommer dürfte es für einen Weißen gar kein großes Leid sein, während der Neger, der an die tropische Hitze gewöhnt ist, dasselbe auch da fürchtet. Wenige Weiße aber werden im Stande sein, zehn Minuten lang ein volles Sturzbad im Winter auszuhalten, und daß der oben erwähnte Neger in Folge eines solchen Bades starb, ist darum kein Wunder.

Daß man Zwangsmittel in einer Strafanstalt besitzen muß, versteht sich von selbst, und die Amerikaner haben eine ziemliche Anzahl derselben, neben dem Sturzbade, erdacht und in Anwendung gebracht.

Eines dieser Zwangs- oder vielmehr Foltermittel sind die Kloben und besteht aus einer Anzahl derselben in Verbindung mit Ringen, die man an den beiden Handgelenken und an einem Knöchel des zu Züchtigenden so befestigt, daß, so lange er sich in der Maschine befindet, die ganze Last seines Körpers auf einem Beine ruht. Dabei erregt das Emporziehen der Arme über den Kopf sehr bald die peinlichsten Schmerzen, die bei etwas langer Dauer geradezu unerträglich werden.

Eine andere Foltermethode ist der polnische Bock, der zu bekannt ist, als daß wir ihn hier zu beschreiben nöthig hätten. Der in den Bock Gespannte ist völlig hülflos und kann wie ein Ballen umhergewälzt werden, doch kennt man kein Beispiel, daß üble Folgen aus der Anwendung hervorgegangen sind.

Die Krone.

Noch eine andere Folter, die man in der großen Anstalt zu Auburn gebraucht, ist die Krone, ein einfacher Helm, der auf dem Kopfe getragen wird, keine Schmerzen verursacht und mehr ein Schandzeichen als ein Folterwerkzeug ist.

Ferner hat man das Joch, eine vier bis fünf Zoll starke und fünf bis sechs lange Eisenstange mit einer Vorrichtung an jedem Ende zum Befestigen der Handgelenke und einer andern in der Mitte zum Umschließen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 640. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_640.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)