Seite:Die Gartenlaube (1859) 649.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

geben. Und er gab sie auch wirklich. Meine Anstrengung wurde belohnt – unser Geschäft kam in Ruf, und ich verdiente den für die Verhältnisse ziemlich bedeutenden Gehalt, welchen ich erhielt, dessen Verwendung mir noch eine unendlich größere Freude machte, als die Erwerbung. Ich für meine Person brauchte ja nichts – und wie gern entbehrte ich Kleinigkeiten, an denen sonst eines Mädchens Herz hängt! Mitunter that es mir sehr weh, daß wir getrennt waren, es wurde mir nach ihm so bange um’s Herz, daß ich’s gar nicht sagen kann, und ich hätte ihn so gern, so sehr gern, einmal gesehen. Aber das konnte doch nicht sein, es kostete ja zu viel. Wir hatten gleich miteinander verabredet, daß Gustav nie zu Besuch kommen sollte, daß wir uns nicht einmal schreiben wollten, denn das Geld war uns knapp und die Zeit kostbar. Auch härmte ich mich nie lange um unsere Trennung, denn ich wußte ja, wir würden uns wiedersehen und uns dann nie mehr trennen. Je weniger Zeit wir jetzt auf Briefe verwendeten, desto eher konnten wir wieder beisammen sein. Ueberdies verging die Zeit wie im Fluge und ein Jahr nach dem andern verrann.“

(Schluß folgt.)




Die Wünschelruthe.

Wer hat in seinem Leben von ihr nicht gehört? – Von ihrem wunderbaren Vermögen, in dem Innern der Erde verborgene Metalle dem suchenden Bergmanne zu verrathen, besorgten Bauherren, die das Haus eher als den Brunnen gebaut, das fehlende Wasser oder wenigstens den Ort, wo es zu ergraben sei, zeigen zu können. Sie ist die Zuflucht betrübter Erben, welche nach dem Schatze, den der Verstorbene verscharrt haben soll, vergeblich suchen, wie das Mittel, Unerfahrene zu täuschen, und zu bergmännischen Unternehmungen aufzumuntern, welches in der Hand von Betrügern oder Ignoranten immer seine Kraft behält.

Die Wünschelruthe ist eine schwache biegsame Ruthe, welche durch eigenthümliche Bewegungen in der Hand ihres Trägers die Nähe verborgener Lagerstätten edler Metalle oder sonst gesuchter Gegenstände andeutet. Ihren deutschen Namen leiten Viele von Wünschen, Andere von Winden, Drehen, noch Andere von dem plattdeutschen Wort „Wicken“ (Wicheln), was soviel als Wahrsagen bedeutet, ab. Sie heißt auch die Glücks- oder Bergruthe, da sie vorzüglich in den Händen der Bergleute sich befindet, durch welche sie über die ganze Erde verbreitet worden ist. Die Franzosen nennen sie baquette divine – die göttliche oder baquette divinatoire die weissagende Ruthe; die italienischen Bergleute verga lucente (die, welche Licht gibt, wo etwas verborgen), batteuse oder trepidante, schlagende oder zitternde Ruthe. Im Mittelalter hieß sie virga metalloscopia (die Metallerblickende), v. aurifera (die Goldbringende), auch wohl virga mercurialis, weil man ihre Erfindung dem Mercur zuschrieb, „der Musenvater, so ein trefflicher physicus gewesen, daß er mit seiner Ruthe habe Tode erwecket, daher er nach dem Tode unter die Götter gezehlet.“

Der Ruthengänger.

Daß Mosis Stab eine Wünschelruthe gewesen sei, damit er Wasser in der Wüste gesucht, „vielleicht auch auf dem Berge Sinai und Horeb Metallgänge damit habe aussuchen wollen, und sonach die Wunder vor Pharao mit solchem Stabe gethan“ – meinten die Ruthenanhänger alles Ernstes. Wenn aber ihr Alter auch nicht so weit hinaufreicht, daß eine Vergleichung von Mosis Stab mit ihr könne zugelassen werden, so ist doch soviel gewiß, daß Cicero und Varro schon von Wahrsageruthen, die von den Egyptern zu den Römern gekommen waren, reden, aus denen, indem man ihren Rath bei bergmännischen Unternehmungen einholte, die Wünschelruthe entstanden sein dürfte.

Ueber die Form und das Material dieses geheimnißvollen Instrumentes bestehen bei den alten Bergkundigen die verschiedensten Vorschriften. Während man von einer Seite hört, daß es eine aus der Wurzel des Haselstrauchs gewachsene jährige Zwiesel sein solle, die sich in eine Gabel spalte, verlangen Andere für die verschiedenen aufzusuchenden Metalle auch verschiedene Holzarten, z. B. für Blei und Zinn Tanne, für Kupfer Esche. Noch andere scrupulösere Geister trauen nur den Ruthen Kraft zu, welche an einem gewissen Tage geschnitten werden (etwa am Charfreitag vor Sonnenaufgang), oder in einer Stunde (wo der Mercur regiert), oder um die Zeit des Aequinoctiums, oder im zunehmenden Monde um Mariä Verkündigung, oder in der Johannisnacht oder Christnacht. Die Ruthe, welche an einem Montag nach Neumond geschnitten wird, schlägt hauptsächlich auf Gold, eine

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 649. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_649.jpg&oldid=- (Version vom 6.11.2023)