Seite:Die Gartenlaube (1859) 715.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

dieser absichtlichen Brandstiftungen sich aus verhältnißmäßig kleine Gebiete beschränken, sieht wie ein Wunder aus, zumal da in cultivirteren Theilen und dünneren Wäldern das Feuer manchmal Monate lang wüthet und Hunderte von Quadratmeilen einäschert.

Einen Waldbrand dieser Art und Ausdehnung beobachtete ich ziemlich in der Nähe mehrere Tage und Nächte auf dem langen, ebenen Gebiete zwischen Utica und Syracuse. Man hatte Wochen lang alle Tage von der Reise und den Fortschritten desselben gesprochen, etwa wie bei uns von der Verbreitung der Cholera die Rede war. Die Bewohner dieser ungeheuern Waldebenen verstreuen sich dünn in einsamen Farms mit großem Viehstande und gelichteten Flächen rings umher, sodaß sie nicht, wie die einsamen Bewohner der Prairien, sich gegen das Feuer zu verschanzen brauchen oder gar fliehen müssen. Aber Nachtwachen und Wasservorräthe wurden doch nöthig, als es eines Tages hieß, daß der Brand jeden Tag oder über Nacht vorbeijagen und die Farm umzingeln könne. Um wo möglich die ersten Boten begrüßen und den ganzen Verlauf studiren zu können, leistete ich eines Nachts dem Viehknecht im Wachen Gesellschaft. Als es still und dunkel geworden war, stiller als irgendwo in Europa, wie es mir schien, glaubten wir wallende Gluthen am südlichen Himmel zu bemerken. Auch beruhte das eigenthümliche dumpfe Prasseln und Knattern, so schwach es auch war, auf keiner Täuschung, zumal da wir den Donner der etwa drei englische Meilen weit vorbeipassirenden Eisenbahn deutlich davon unterscheiden konnten. Nach langem Sehen und Warten aber wollte sich keine rechte Zunahme des Effects zeigen, sodaß ich mich mit dem Vorsatze schlafen legte, dem Brande entgegenzugehen. Dies that ich den folgenden Tag. Als ich bis zur Hütte des Eisenbahnwärters gekommen war, erzählte mir derselbe, daß der Brand seit zwei Tagen in ganz westlicher Richtung fortgeschritten sei, und man so wenig für die Bahn fürchte, daß bis jetzt keine Unterbrechung des Verkehrs beabsichtigt werde. An einigen Stellen sei das Feuer bis auf zwei Meilen herangedrungen und werde die Bahn wahrscheinlich weiter unten, wo der Wald besonders dünn sei, kreuzen.

Ich trieb mich den ganzen Tag in der Nähe der Bahn umher, ohne von dem Feuer, das der Wind entlang und nicht gegen dieselbe trieb, etwas zu sehen. Nur die dann und wann über Aeste und Gräben fliegend hinwegsetzenden amerikanischen Hirsche, das ängstliche Gekreisch der Vögel in der Luft und die eigenthümlich krächzenden Enten auf Teichen und in Gräben verriethen, daß es nicht geheuer sei. Erst Nachmittags wurde der Brand deutlich hörbar und gegen Abend, mit lebhafter werdendem Winde, bedeckte sich der Himmel im Süden bis in die äußersten Ostgrenzen mit schräg hinzüngelnden Feuer- und Rauchsäulen. Eine Stunde später war Alles rasende Feuergluth. Der Brand rasete wie ein Pelotonfeuer der Schlacht heran, ein Heer von Feuer-Bajonneten, die oft gradlinig eingelegt den Wald in’s Unbegrenzte hinaus mit Sturm nahmen. Hier und da stürzte sich ein wüthender Feuergeist plötzlich mit einem aufknatternden Sprunge wohl Viertelstunden weit dem großen Heere voraus und verzehrte einige moosgrauhaarige Urwaldsgreise mit der Geschwindigkeit eines aufplatzenden Kunstfeuerwerks. Die geschlossene Masse des Brandheeres stürmt mit neuem Eifer nach, Funken, Flammen, brennende Zweige gen Himmel schleudernd, zischend und siedend im grünen Holze, krachend und knisternd hochauflodernd in dürren Bäumen, in grünen Kronen umherzuckend in wüthendem Kampfe mit deren innerer Lebenskraft. Schon hat die stürmende, Salven schießende Feuerwuth diesen und jenen Baum aufgegeben und raset vorwärts; aber die Menschlichkeit scheint ihr leid zu thun, so daß sie zurückspringt und den noch stehenden Baum für seinen Trotz nun um so rascher und mächtiger packt und im Nu von unten bis oben in helle, quickende, zischende Flammen verwandelt, während immer wieder neue Vorposten in meilenweiten Sprüngen dem großen, langen Kernheerde des Brandes den Weg zeigen und die Stätte bereiten.

Früh mit den ersten Sonnenstrahlen kam der Wagenzug aus der Ferne angedonnert. Das Hauptheer der Flamme raste dicht an den Schienen hin, die nach amerikanischer Manier auf den unpräparirten Boden hier mitten durch den Wald gelegt waren, sodaß nur ein schmaler lichter Streifen die noch nicht attakirte Seite von der andern in prasselnder Gluth sich verzehrenden trennte. Es war eine dämonische echt amerikanische Scene, als die Locomotive mit ihrem dicken Kopfe und ihrem langen, wie wahnsinnig dahinrasenden Zuge sich furchtlos an der prasselnden, knisternden, in lodernden, pfauchenden Gluthwellen aufwogenden Flammenmasse donnernd und pfeifend vorbeistürzte und die civilisirte Gluth des Dampfkessels gleichsam in Hohn und Verachtung gegen die ungebändigte rohe Gewalt ihrer Collegin draußen rothe Asche auf der Bahn entlang ausspie. Die meilenweit hin wüthende rohe Gewalt wollte sich rächen und über die wohlthätigen Pferdekräfte des Feuers und Dampfes hinstürzen, aber letztere waren ihr viel zu schnell.




Blätter aus einem diätetischen Recept-Taschenbuche.

1. Diätetisches Recept für Hustende.

Der Husten (d. i. ein gewaltsames, krampfhaftes, rasches und starkes, stoßweises und tönendes Ausathmen) ist niemals eine Krankheit, sondern stets nur eine außergewöhnliche Erscheinung, welche durch Reizung der die Luftwege (also: den Kehlkopf, die Luftröhre und Lungen) auskleidenden (Schleim-) Haut erzeugt wird. Diese die Empfindungsnerven jener Schleimhaut treffende Reizung und mit ihr der Husten kann schnell vorübergehend sein, z. B. wenn sie durch Staub, Rauch, Flüssiges oder Festes, was in die unrechte Kehle (Luftröhre) gekommen ist, durch schädliche Luftarten u. dgl. veranlaßt wird. Dagegen ist der Husten in der Regel einige oder längere Zeit andauernd, wenn die Reizung eine Folge irgend eines Krankheitsprocesses dieses oder jenes Athmungsorganes ist. Also nicht blos bei Lungenschwindsucht, sondern auch bei einer Menge anderer Leiden und Ungehörigkeiten im Athmungsapparate findet sich Husten ein und zwar in den meisten Fällen zum Vortheil des Kranken, weil nur durch ihn Unnützes (Schleim, Eiter, Blut, Wasser) aus den Luftwegen geschafft werden kann. Trotz dem nun, daß der Husten eher etwas Gutes als Schlimmes ist und gar nicht selten zeitlebens ohne allen Nachtheil besteht, so ist doch jedem Hustenden, aber weniger des Hustens, als des den Husten veranlassenden Krankheitsprocesses wegen, eine gewisse Vorsicht anzurathen. Die bei Hustekrankheiten zu beobachtenden diätetischen Regeln sind kurz in folgendes Recept zu fassen:

Rec. Gleichmäßig warme 1) und
 reine 2) Luft bei Tage und bei Nacht. –
 Ruhiges, tiefes Einathmen 3) und
 langsames Ausathmen. 4) –
 Ruhe 5) in jeder Hinsicht. –
 Milde, nahrhafte Kost. 6) –
 Mäßig warmes Verhalten. 7) –
S. Je zeitiger und strenger diese Regeln, zumal bei Kindern,
beobachtet werden, desto eher weicht der Husten.

Ad 1) Warme Luft zum Athmen ist die hauptsächlichste Heilbedingung bei allen Krankheiten im Athmungsapparate, die mit Husten einhergehen. Diese warme Luft (von + 15–16° R.) muß nun aber gleichmäßig ebenso in der Nacht (im geheizten Schlafzimmer), wie am Tage eingeathmet werden. Kalte rauhe Luft, zumal bei Ostwind und wenn der Hustende vorher im Warmen geathmet hatte, ist der allergrößte Feind für kranke Athmungsorgane. Deshalb muß auch ein jeder vom Husten Heimgesuchte, wenn er durch die Verhältnisse im Kalten zu athmen gezwungen ist, durchaus einen Respirator (s. Gartenl. 1855, Nr. 8) vor dem Munde tragen, und wäre es selbst im Schlafe. Kleine Kinder, sobald sie nur einige Male gehüstelt haben, müssen gleich im warmen Zimmer gehalten werden (zumal im Winter) und zwar solange, bis keine Spur von Hüsteln mehr zu merken ist. Dadurch werden alle die dem Kinde gefährlichen Hustekrankheiten (Bräune, Keuchhusten, Lungenentzündung) verhütet. Das Heraus- und Hereinlaufen in’s Zimmer, aus der warmen Stube auf den kalten Saal, ist hustenden Kindern streng zu untersagen.

Ad 2) Reine Luft zum Athmen ist ebenfalls bei allen Husteübeln ganz unentbehrlich. Vorzüglich unterhält Staub aller Art, sowie der Tabaksrauch, die Reizung zum Husten. Deshalb sollten Hustende, die in staubiger, rauchiger Luft arbeiten müssen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 715. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_715.jpg&oldid=- (Version vom 29.11.2023)