Seite:Die Gartenlaube (1860) 780.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

Herzog Alba und die Gräfin von Schwarzburg.

die kleinen Höfe dem Aufschwunge der Cultur allmählich feindlich entgegen. Sie erliegen eben dem eisernen Naturgesetz. Erst waren sie die Führer der Cultur; jetzt nimmt die Cultur sie ins Schlepptau. Und wie nun ein thüringischer Mönch berufen war, der culturfeindlichen Mönchswirthschaft ein Ende zu machen und der Cultur neue und höhere Bahnen zu eröffnen, so scheint es fast, als sei in unsrer immer heftiger aufgeregt werdenden Zeit, die abermals nach höheren Culturbahnen drängt, ein thüringischer Fürst desselben Stammes dazu berufen, sich an der neuen nothwendigen nationalen Geistesarbeit wesentlich zu betheiligen.

Aber auch hochsinnige fürstliche Frauen bewährten sich als echte Landesmütter an dem Liebeswerke der Beglückung ihrer Landeskinder und sorgten mit unablässigem Eifer für deren geistiges und leibliches Wohl. Die heilige Elisabeth, die Landgräfin von Thüringen, der Engel der Wartburg, zählt unter ihrer fürstlichen Nachkommenschaft in Thüringen und Hessen manche hochverehrte Nachfolgerin in den geräuschlosen Thaten der Liebe und Barmherzigkeit, und der sanfte Mondglanz der Verklärung, von einem großen Mutterherzen ausleuchtend, schmückt nach ihr manch schönes Frauenhaupt als Glorie der Fürstenkrone, in dessen Auge, von jenem Liebesglanze erhellt, die unversiechbare Thräne des Erbarmens schimmert. Ja, wir dürfen stolz sein auf mehr als eine fürstliche Frau, die mit der Würde ihres Standes die beglückende Kraft des großen Herzens verband und mit den conventionellen Anforderungen den erhabnern Bedürfnissen heiligen Liebesdranges genügte. Aus der patriarchalischen Zeit nennen wir vor Allen die Landgräfin von Hessen-Kassel, die hochbegabte Gemahlin des jung verstorbenen Landgrafen Wilhelm V. des Beständigen, Amalie Elisabeth von Hanau, die große Vormünderin-Regentin, welche mit seltener Geistesgröße und Kraft das Land in den furchtbar über dasselbe hereinbrechenden Stürmen des dreißigjährigen Kriegs rettete und mit wahrer tiefer Liebe zu allen Landeskindern dasselbe trotz der äußersten Ungunst der Zeit wieder in Flor brachte. Ihr segensreiches Andenken ist unsterblich. In demselben Jahrhundert

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 780. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_780.jpg&oldid=- (Version vom 5.6.2018)