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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Leben meines Gatten hängt. O! mich dünkt, wer noch nicht für seine Liebe gezittert hat, weiß noch nicht, wie sehr er lieben kann, und wie sehr er liebt.

Die Schweizergarden haben jetzt einen schweren Dienst, sie üben ihn mit grenzenloser Hingebung; aber ich werde den innern Zwiespalt darüber nicht los, daß Joseph einer Sache dient, die nicht die seine ist, daß er sein Leben daran setzt, eine Verfassung und Zustände aufrecht erhalten und vertheidigen zu helfen, die er in seinem Vaterlande nicht eingeführt zu sehen wünschen würde. Ich bewundere, ich ehre sein starkes Pflichtgefühl, und beklage doch den Tag, an welchem der erste Schweizer jemals fremde Dienste nahm. O! Sie haben sehr wohl daran gethan, theuere Conradine, daß Sie Ulrich vor diesem Dilemma bewahrten, daß Sie ihn einen freien Mann bleiben ließen – denn seine Freiheit ist jetzt ein Glück für ihn, für Sie und, so lange er noch hier bei uns bleibt, auch für mich.

Indeß ich versichere Ihnen und verspreche Ihnen, daß ich nicht egoistisch sein und ihn nicht halten werde.“


Die Freifrau von Thuris an ihren Sohn.
„Thuris, den 30. Mai 1791. 

„Dein Brief, mein Sohn, hat mich bekümmert, ohne mich zu überraschen. Da Du meiner Bitte nicht Gehör gabst, Paris vor Ankunft Deines Onkels und Deiner Tante zu verlassen, war ich sicher, daß Du für’s Erste überhaupt nicht nach Hause kommen würdest, und ich mache die Erfahrung, daß das Alter und seine Einsamkeit und seine Sorgen sich mir nähern und früher an mich herantreten, als ich es naturgemäß erwarten müßte.

Da beschleicht dann wohl der Zweifel an dem eigenen Thun und an der Nichtigkeit meines Handelns gelegentlich mein Herz, und ich habe mich in den letzten Monaten je bisweilen gefragt, was ich für mein eigenes Glück und für das Glück der Menschen, die ich liebe, mit meinem Festhalten an meinen Ueberzeugungen und an den Principien Deines Vaters gewonnen habe.

Ich komme mir denn in meiner Zurückgezogenheit wie eine jener unglücklichen Sibyllen vor, die in einsamem Felsgebirg, den Blick auf ihren geheimnißvollen Krystall gerichtet, das Nahe und das Ferne, das Gegenwärtige und das Zukünftige an ihrem Auge vorüberziehen sehen, und die trotz der vollen Erkenntniß des Unheils, das heraufsteigt, mit ihren Warnungen und Beschwörungen das Unglück nicht verhindern können, sich zu vollziehen.

Du schreibst nicht, Ulrich! Wie soll ich mir das deuten? Auch Dein Onkel und Deine Tante schweigen, und doch müßt Ihr mir nachempfinden können, wie jede Kunde, die aus Frankreich, aus Paris hieher zu mir gelangt, meine Sorge um Euch Alle steigert. Ihr müßt mit Euch selbst gar sehr beschäftigt, Ihr müßt von den Ereignissen, die Euch umgeben, sehr hingenommen und verwirrt sein, daß Ihr meiner ganz vergessen und meine Unruhe als ein Unwesentliches betrachten könnt.

Ulrich, höre mich, wie fern ich Dir auch sein möge! Du stehst an einem Abgrund, der Dich zu verschlingen droht – wende ihm den Rücken. Was hast Du, der freie Mann, zu suchen in dem tobenden Kampfe, der in Frankreichs Hauptstadt die Parteien wild und maßlos an einander hetzt? Hier ist Dein Platz, denn hieher ruft Dich Deine Pflicht. Oder glaubst Du, der Kampf der Parteien klinge hier nicht nach, bedrohe nicht auch uns, unsere Herrschaft, unseren Besitz? – Auch hier ist Unzufriedenheit, auch hier droht uns wilde Forderung und Umsturz; und es ist vielleicht jetzt noch an der Zeit, durch maßvolles Gewähren ungemessenem Verlangen entgegen zu treten. Kehre heim! Die Aristokratie muß sich verbinden, sich einigen und gemeinsam handeln, ehe das Volk sich geeinigt ihr entgegen stellt. O, daß Dein Vater, und daß der kluge Gunta noch am Leben wären! daß Du den Sinn hättest, mir zu folgen, und den Ehrgeiz, versöhnend ihre Stelle einzunehmen!

Was willst Du in Paris? was willst Du in der Nähe Deiner Tante? – Deiner Tante, die Du liebst!

Kehre heim, Ulrich! Arbeit wird Dir zu Hülfe kommen. Ich will versuchen, Dir die Heimath lieb zu machen – leide ich doch genug durch den Kummer unserer Veronika, den sie mir vergebens zu verbergen sucht. Veronika ist unglücklich – und wie fest hatte ich ihr und meines Bruders Glück durch die Verbindung dieser Beiden zu sichern gewähnt! Der kurzsichtige Mensch sollte darauf verzichten, das Schicksal seiner Geliebtesten leiten zu wollen, und doch kann mein Mutterherz es sich nicht versagen, dem einzigen Sohne zuzurufen: mißtraue Dir und kehre zu mir zurück!“

(Fortsetzung folgt.)




Blätter und Blüthen.


Rettungsstationen. Mit Bezug auf den Artikel: „die Rettungsstationen an den deutschen Küsten“ empfangen wir nachstehende Mittheilung: Am 27. und 30. Dec. v. J. fanden die ersten Probefahrten mit dem auf der Insel Langeroog stationirten Rettungsboote statt, und zwar mit günstigem Erfolge. Die zweite Rettungsstation auf der Insel Juist ist ebenfalls eröffnet, und auch zur Etablirung der übrigen Stationen auf Baltrum und Spiekeroog hofft der Verein bald im Stande zu sein.

Die großen Vortheile, welche dieses Institut bringen wird, könnten aber noch vermehrt werden, wenn man eine andere, durchaus nicht schwierige Einrichtung treffen wollte. Wenn nämlich ein Schiff an einer Küste strandet, die mit Rettungsstationen versehen ist, so dauert es doch in der Regel lange, bis die Apparate, in Sturm und Nacht vielleicht, zur Stelle geschafft sind. So sahen wir vor einigen Jahren mehrere Hundert Auswanderer an der amerikanischen Küste zu Grunde gehen. An den meisten Küsten sind aber noch gar keine Stationen. Diesem Uebel ist leicht abzuhelfen, wenn jedes Schiff seinen Apparat an Bord hat. Ein Geschütz ist ja ohnehin da, Tauwerk auch, ein Korb, allenfalls mit Korkabfällen gefüttert, damit er beim Eintauchen in’s Meer nicht untersinkt, ist leicht beschafft. So wird aller Verzug vermieden, der Schuß vom Schiff auf’s Land ist sicherer als umgekehrt, der Seewind begünstigt ihn meistentheils, und es bedarf keiner großen Mittel, um die Sache in’s Leben zu rufen.

Warum sieht nun die Behörde, die, um ihren Hafen in gutem Renommé zu halten, jedes Auswandererschiff visitirt, nicht darauf, daß wenigstens diese und andere Passagierfahrzeuge einen Rettungsapparat haben? warum drängt nicht Publicum und Auswanderer darauf, daß es geschieht? Es ist, man sollte es kaum glauben, der allerdings den Sorglosen und Fahrlässigen sehr bequeme Aberglaube, daß jeder Rettungsapparat dem Schiff unfehlbar Unglück bringt!!

Sie können nichts der Sache Nützlicheres thun, als diesen Aberglauben ausrotten helfen. D.     



Kleiner Briefkasten.

H. B. in Graditz. „Drei merkwürdige Jahre und der November“ – recht hübsch für Liebhaber von Zahlen und Namen, aber zu unerquicklich für die Gartenlaube. – Hinsichtlich Rob. Schumann’s ablehnender Dank. Manuscript zur Disposition.

Wilhelm Bauer und „die unterseeischen Kameele“ betreffend. Unser Artikel: „Ein deutscher Erfinder“ hatte die erfreuliche Folge, daß sofort werkthätige Theilnahme sich für ihn kund gab. Es trafen folgende Sendungen für ihn ein:

Von einem armen Bergmann in Halle a. d. S. (wie bereits berichtet) 15 Sgr. – Von einem Landmann aus dem Oderbruch (Postzeichen Wrietzen) 20 Thlr. – Von dem „Arbeiterverein“ zu Frankfurt a. M. (als erste Sendung bezeichnet) 2 Thlr.

In Folge der Veröffentlichung unsers Artikels über die neue Schiffhebung durch die unterseeischen Kameele und die Taucherkammer kamen ohne eine besondere Aufforderung unsererseits zur Anstellung von Sammlungen – folgende Sendungen und Zuschriften:

Von Eimbeck (wo sich schon eine halbe Stunde nach dem Eintreffen der „Gartenlaube“ eine Gesellschaft gebildet hatte, um von jedem Leser je 3 Sgr. einzusammeln, als erste Gabe) 6 Thlr. – „Deutschem Fleiße ein Scherflein zur Nacheiferung von einigen Lesern der Gartenlaube in Dessau“ 1 Thlr – Aus Chemnitz (gesammelt im Stern und im blauen Engel für den Erfinder des unterseeischen Schiffs, als erste Gabe) 10 Thlr. – Von Mecklenburg in Berlin 1 Thlr. – Von Wanda Emmel in Stenszewo 1 Thlr. – Von Koch in Nossen 1 Thlr. – Von Waldem. Astor in Rennersdorf 1 Thlr. – Durch Herrn H. Rösler in Krieblowitz (von fünf Gartenl.-Lesern) 15 Sgr. – Einige der Ackerbauschüler zu Riesenrodt 1 Thlr.

Die in derselben Angelegenheit eingegangenen Briefe aus Pömmelte und Swinemünde werden besonders beantwortet.

E. W. P. in Meißen. Ihr Wunsch, daß die Sortimentshandlungen die Sammlungen für Bauer’s Schiffhebung in die Hand nehmen, müssen wir uns noch überlegen.

Otto Wolke. Für „die Reise nach dem Harz“ sammt lyrischem Anhang bitten wir um nähere Adresse zur Zurücksendung.

Der Wunderarzt. Nicht zum Abdruck geeignet.

H. in K. St. „Das Ende eines kleinen Königreichs“. – Zu oft und besser schon geschildert und deshalb unbrauchbar.

N. N. Ihr Artikel: „Blondin im Krystallpalast zu Sydenham“ eignet sich nicht für die Gartenlaube.

Einige Freunde des Seidenbaus. Soll geschehen.


Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_112.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2020)