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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Almenrausch und Edelweiß.
Aus dem bairischen Hochgebirge.
Von Herman Schmid.[1]
(Fortsetzung.)


Evi’s Wangen glühten, ihre Pulse flogen; der Athem stockte, und der Busen schien das Mieder sprengen zu wollen, dennoch gewann sie es über sich und vermochte gelassen zu antworten. Eine lachende wonnevolle Aussicht, ein Bild voll Liebe und Glück hatte sich wie durch einen Zauberschlag vor ihren Blicken aufgethan, aber sie schloß herzhaft die Augen davor zu und wandte sich von der Lockung ab, nach einer Zukunft hin, eben so reich an düstern und farblosen Tagen der Freudlosigkeit, als die andere Seite von Leben und Sonnenschein schimmerte. „Es ist nicht das erste Mal, daß Du mich so fragst,“ sagte sie, „und ich mein’, ich hab’ Dir schon geantwort’ darauf! Warum soll ich heut’ anders reden, als vorgestern auf dem Scharten-Kaser? Ich sag’ Dir, wie dazumal, Mentel, daß Du Dir das aus dem Sinn schlagen mußt – mit uns Zwei kann’s niemals nichts werden!“

„Red’ nit so, Evi!“ erwiderte zärtlich drängend der Bursche. „Ueberleg’ Dir’s wohl, denn es ist mein Unglück, wenn Du dabei bleibst … aber es ist nit Dein Ernst! Du sagst jetzt nur so, weil Du meinst, Du willst mir einen Verdruß ersparen, oder aus Zorn, weil Du Dich nit aufdringen willst!“

Evi senkte die Augen. „Ich hab’ Dir’s gesagt, wies ist!“ flüsterte sie.

„Wie’s Dir um’s Herz ist? Gewiß und wahrhaftig so? … Ich kann’s nit glauben, Evi … Es ist schon neulich was in Deiner Red’ gewesen und in Deiner Weis’, was mich gemahnt hat: Glaub’ ihr nicht … sie verbirgt’s nur … im Herzensgrund hat sie Dich doch gerad’ so gern, wie Du’ sie. Und jetzt ist es wieder so! Und wenn Du’ auch noch so ein böses Gesicht machst … es ist was in mir, was mir sagt: Glaub’ ihr nit – Almenrausch und Edelweiß die g’hören all’mal z’samm!“

„Du bildst Dir viel ein, Mentel,“ erwiderte sie verwirrt.

Er trat ihr näher, legte den Arm um ihre Hüfte, ohne daß sie es hinderte, und sagte noch herzlicher. „Ich bild’ mir’s nit blos ein, Evi, daß Du mich auch gern hast – ich weiß es gewiß! Inwendig, da in mir drin, hab’ ich’s schon lang gespürt,“ fuhr er zärtlich fort, indeß sie wortlos stand in steigender Verwirrung „… seit heut’ Nacht aber weiß ich’s gewiß …! Wie ich fort bin auf die Pürsch, bin ich an Deiner Kammerthür’ vorbei kommen, Evi … da bin ich einen Augenblick stehen blieben und hab’ Dir eine gute Nacht gewünscht in Gedanken … der Mond hat glöckelhell hereingeschienen auf den Boden – da hab’ ich vor Dein’ Thürgeschwell’ was Weißes liegen seh’n, und wie ich mich gebückt hab’ darnach, ist’s der Zettel da gewesen … Es steht ein Spruch d’rauf: hör’ zu, Evi, ob Du ihn nit kennst!“

Er las, während Evi gluthroth sich in die Lippen biß und mit den Blicken am Boden festgewurzelt schien:

„Hier liegen drei Buchstaben,
Damit will ich Dich begaben:
Der erst’ ist Gold und Edelstein,
Ich will Dich lieben ganz allein;
Der Zweit’ ist Sammt und Seiden,
Will niemals von Dir scheiden;
Der Dritte der heißt Rosenroth –
Ich will Dich lieben bis in’ Tod!“

„– Das ist ein altes Sprüchel –“ stammelte Evi.

„Aber ist es nit von Dir? Hast es nit Du geschrieben? Von Einem von den Weiberleuten im Haus muß es sein – meinst, ich weiß nit, daß keine Andere drunter ist, die so schreiben kann wie Du? – Wirst den Zettel wohl aus Deinem Kasten verstreut haben oder aus Deinem Gebetbüchel! – Red’, ist er nicht für Deinen Schatz?“

„– Und wenn’s so wär’ – warum müßtest gerad’ Du der Schatz sein?“

„Weil in dem einen Eck von dem Zettel,“ sagte der Bursche zärtlich, „Dein Nam’ steht, Evi, und in dem andern – der meinige! Willst es jetzt noch leugnen, Evi …?“

„… Das sind Kindereien …“ sagte sie entschieden, wenn auch etwas unsicher, und machte sich von Mentel frei. Dieser konnte nichts erwidern, denn der Bauer, der inzwischen die Mutter in eine Ecke hineingezogen und zornig in sie hinein geredet hatte, brach wieder los.

„Wie lang soll die Komödie noch dauern?“ rief er. „Es wird doch nichts d’raus in alle Ewigkeit, und wenn Ihr Euch noch so viel Müh’ gebt, mir und Euch selber was weiß zu machen!“

„Hab’ keine Sorg’, Bühelbauer,“ sagte Evi und trat ihm ernst und ruhig einige Schritte näher. „Wenn ich auch keine

  1. Mehreren meiner Erzählungen, wie „das Wichtel“ – „der Holzgraf“ – „die Huberbäurin“ – „das Schwalberl“ etc. ist bisher die Auszeichnung geworden, für die Bühne bearbeitet zu werden. Ich verkenne keineswegs das Schmeichelhafte, was hierin für mich liegt, aber ich bin gleichwohl zu der Erklärung veranlaßt, daß ich die dramatische Bearbeitung künftig nur dann gut heißen kann, wenn sich die Herren Verfasser direct mit mir darüber verständigt haben.
    München, 1863.
    Dr. Herman Schmid.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_225.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)